Im Projektcontrolling gibt es verschiedene Methoden das Projekt zu überwachen. Neben dem Plan/Soll/Ist-Vergleich und Earned Value Management ist die Meilenstein-Trendanalyse (MTA) eine der bekanntesten Methoden für die Projektüberwachung. Eines der Hauptziele der Meilenstein-Trendanalyse ist es den Projektfortschritt zu überwachen und so Terminverzögerungen frühzeitig zu erkennen. Lesen Sie weiter und erfahren Sie mehr über dieses unterschätzte Werkzeug.
Den Projektfortschritt überwachen
Meilensteine sind Zeitpunkte im Projektablauf, an denen wichtige vordefinierte Lieferergebnisse fällig sind. Das haben Sie sicher schon gewusst. Mit diesen Meilensteinen und der Meilenstein-Trendanalyse erhalten Sie eine sehr wirkungsvolle Methode, um den inhaltlichen Projektfortschritt zu überwachen. Voraussetzung für die MTA ist die Definition einer ausreichenden Zahl aussagekräftiger Meilensteine – nicht nur Meilensteine am Ende jeder Projektphase, sondern auch wichtige Meilensteine innerhalb der Projektphasen. Wie Sie Meilensteine in der Projektplanung erfolgreich einsetzen erfahren Sie in diesem Artikel.
Negative Termintrends früh erkennen
Die Meilenstein-Trendanalyse ist eine einfache, übersichtliche Methode, um frühzeitig negative Termintrends zu erkennen. Somit können Korrekturmaßnahmen schnell eingeleitet werden. Die MTA ist auch ein gutes Kommunikationsmittel innerhalb und außerhalb des Projektes, mit dem Ziel, das Terminbewusstsein aller Projektbeteiligten zu schärfen. Voraussetzung für die MTA ist natürlich, dass Meilensteine definiert und die Lieferergebnisse genau und vollständig festgelegt sind und Abnahmekriterien für diese definiert sind.
Vorgehensweise bei der Meilenstein-Trendanalyse:
- Definieren der Meilensteine, der dazugehörenden Termine und Ergebnisse inkl. Abnahmekriterien
- Die Meilensteintermine periodisch überprüfen
- Beurteilen der zukünftigen Meilensteintermine (wird gemäß Plan erreicht, wird früher/später erreicht)
- Verschieben von zukünftigen Meilensteinterminen, falls diese wahrscheinlich nicht wie geplant erreicht werden
- Kommentieren der Abweichungen
- Auswirkungen und Korrekturmaßnahmen bei Abweichungen definieren
Zur Darstellung der Meilensteine und ihrer Termine wird ein rechtwinkliges Dreieck verwendet, dessen Katheten (kürzere Seiten) als Zeitachsen dienen. Die Zeiteinteilung beider Achsen ist gleich und frei wählbar. Auf der horizontalen Achse werden die geplanten Berichtszeitpunkte und auf der vertikalen Achse die ursprünglich geplanten Meilensteine (Basisplan) eingetragen. Beim Berichtszeitpunkt wird der voraussichtlich erwartete Termin jedes Meilensteins in das Trenddiagramm eingetragen und mit dem vorherigen Termin durch eine Linie verbunden. So entsteht für jeden Meilenstein eine Prognosekurve, die möglichst horizontal bis zur Hypotenuse verläuft, wo das geplante Meilensteindatum liegt. Oft aber steigen die Kurven an (Terminverzögerung) und erreichen die Hypotenuse verspätet. Ein Meilenstein gilt als abgeschlossen, wenn alle Lieferobjekte erstellt und gemäß den definierten Qualitätskriterien geprüft und abgenommen wurden. Zu diesem Zeitpunkt erreicht der Meilenstein die Hypotenuse.
Der besondere Wert der Meilenstein-Trendanalyse liegt im Rückblick und im Ausblick
Der erfahrene Projektleiter kann aus dem Verlauf der Kurven eine gewisse Prognose für den zukünftigen Verlauf erstellen und zu erwartende Probleme rechtzeitig erkennen. Ihren besonderen Wert erhält die Meilenstein-Trendanalyse aus der Kombination von Rückblick auf erreichte Ergebnisse und den Ausblick auf noch zu erbringende Leistungen. Allerdings ergeben sich je nach zugrunde liegender Planungsmethode unterschiedliche Kurvenverläufe. Bei einer Planung nach Critical Chain beispielsweise ist ein gewisses Ansteigen der Meilensteinkurven normal, während bei der Planung nach kritischem Pfad Steuerungsmaßnahmen bereits bei kleinen Abweichungen einsetzen sollten.
Negative Trends können oft wieder geradegebogen werden – was aber meistens eine Frage des Budgets ist. Typische Verläufe einer Meilenstein-Trendanalyse sehen Sie in der folgenden Abbildung. Wenn der Kurvenverlauf die Diagonale erreicht, ist der Meilenstein erfüllt.
Auf Basis des Kurvenverlaufs ist eine Termineinschätzung des einzelnen Meilensteins möglich:
- Fallender Verlauf: Der Meilenstein wird wahrscheinlich früher erreicht (vorgezogener Meilenstein)
- Waagrechter Verlauf: Der geplante Meilensteintermin wird wahrscheinlich eingehalten (termintreuer Meilenstein)
- Aufsteigender Verlauf: Der geplante Meilensteintermin wird wahrscheinlich überschritten (verspäteter Meilenstein)
Neben Aussagen zu einzelnen Meilensteinverläufen kann man auch Aussagen zum Gesamtbild der Meilensteinverläufe machen:
- Tendenziell fallende Verläufe: Weisen alle Meilensteine fallende Verläufe aus, wurde offensichtlich zu pessimistisch geplant.
- Tendenziell waagrechte Verläufe: Dies sollte der typische Verlauf eines Projektes sein. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird hier der geplante Endtermin eingehalten.
- Tendenziell steigende Verläufe: Dies ist immer ein Alarmsignal. Die geplanten Termine lassen sich nicht einhalten. Gründe dafür könnten sein: Das Arbeitsvolumen oder die Komplexität wurden unterschätzt oder die Termine wurden unrealistisch geplant.
Mit der Meilenstein-Trendanalyse können Sie negative Trends im Projektverlauf bereits früh feststellen und so frühzeitig Korrekturmaßnahmen einleiten.
Die erste Meilenstein-Trendanalyse im folgenden Bild zeigt Ihnen zunächst einen stabilen Trendverlauf. Erst zum Endtermin des ersten Meilensteines wird eine Verzögerung deutlich. Dieses Bild spricht dafür, dass die Terminsituation dieses Meilensteins nicht beherrscht wird. Die Abhängigkeiten der weiteren Meilensteine von diesem ersten sind gut erkennbar. MS1 ist mehr als 2 Monate verspätet. Wird MS3 wirklich nur einen Monat später erreicht als geplant? Im zweiten Bild wird eine Verzögerung zu Beginn des Projektes mit Steuerungsmaßnahmen korrigiert.
Meilensteine gezielt überwachen
Gescheiterte oder verspätete Projekte sind oft das Resultat einer ungenügenden Überwachung der Meilensteine, oder von zu wenigen solchen Kontrollpunkten. Aber auch weil Lieferobjekte nicht professionell abgenommen werden. Zuerst müssen Sie deshalb genügend klar definierte Meilensteine planen. Ein Meilenstein am Ende einer langen Projektphase ist aber eindeutig zu wenig. Nachfolgend finden Sie einige Vor- und Nachteile der Meilenstein-Trendanalyse:
Vorteile:
- Einfach und übersichtlich
- Terminabweichungen sind auf einen Blick erkennbar
- Schärft das Terminbewusstsein
- Gutes Kommunikationsmittel
Nachteile:
- Subjektive Einschätzung
- Die Trendkurve alleine reicht nicht. Kommentare sind erforderlich
Die Meilenstein-Trendanalyse ist eine wirkungsvolle Projektcontrolling-Methode, wird aber zu wenig angewendet. Dies kann nicht daran liegen, dass diese Methode kompliziert wäre. Aus meiner Sicht gibt es dafür 2 Gründe:
- Die Meilenstein-Trendanalyse ist einfach zu wenig bekannt
- Die Funktionalität ist nicht in die bekannten Projektplanungs-Werkzeuge wie z.B. MS-Project integriert. Es gibt jedoch kostenlose Addins von Fremdanbietern dafür.
Wie bereits oben beschrieben basieren die Vorhersagen der Meilenstein-Trendanalyse auf der subjektiven Einschätzung des Projektleiters. Wenn Sie hingegen Earned Value Management oder das Earned Schedule Konzept anwenden dann basieren die Vorhersagen auf quantitativen Daten aus der Vergangenheit, ohne großen Einfluss der Projektleiters.
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