Meilensteine sind ein wesentliches Element einer guten Projektplanung und wohl einer der bekanntesten Fachbegriffe im Projektmanagement, der auch von Laien intuitiv verstanden wird. Meilensteine dienen in Ihrem Projektplan als Orientierungs- und Entscheidungspunkte, sind aber auch ein wichtiges Element für Ihr Projektcontrolling. Oft werden werden Meilensteine aber nur auf einen Termin “degradiert” was deren Nutzen sehr stark einschränkt. In diesem Artikel lernen Sie, was Meilensteine in Ihrem Projekt bedeuten und wie Sie diese sinnvoll einsetzen.
Meilensteine sind eines der ersten Planungselemente
Sobald Sie bei Projektbeginn die Projektziele definiert und mit den Stakeholdern abgestimmt haben geht es darum die Abwicklungszielplanung zu erstellen. Bei der Abwicklungszielplanung werden Projektphasen, Meilensteine und Hauptlieferobjekte geplant. Diese entsprechen einer ersten Grobplanung bzw. Etappenzielen auf dem langen Weg der Projektabwicklung, nach dem Motto: Was wollen Sie bis wann, zu welchen Kosten und in welcher Qualität erreichen? Meilensteine entsprechen den gebündelten Abwicklungszielen und sind wichtige Orientierungs- und Entscheidungspunkte in Ihrem Projekt. Dies zeigt folgende Abbildung schematisch.
Wichtige Orientierungs- und Entscheidungspunkte
Meilensteine sind besondere Orientierungs- und Entscheidungspunkte in Ihrem Projektplan. Nur wenn die Meilensteine vollständig definiert sind und diese allen relevanten Projektbeteiligten bekannt sind, ist es für Sie als Projektleiter möglich den Projektfortschritt sinnvoll zu überwachen und das Projekt zu steuern.
Damit ein Meilenstein seinen Zweck erfüllt, genügt es nicht, diesem nur einen Namen zu geben und einen Zeitpunkt zuzuordnen. Denn wesentliche Aspekte eines Meilensteins sind auch die genaue Spezifikation des Ereignisses bzw. Lieferbedingungen für die zu erbringende Projektleistung, aber auch die Angabe seiner Schnittstellen und seine Priorität.
Wenn Sie als Projektleiter Meilensteine nicht präzise definieren, dann werden diese einfach auf Termine reduziert, was den Leistungserbringern breiten Interpretationsspielraum lässt, wie sie diese erreichen. Auch ist es dann nur schwer oder gar nicht möglich zu überprüfen, ob das Ereignis eingetreten bzw. die Leistung in der entsprechenden Qualität erbracht wurde. Solche Meilensteine sind dann nahezu nutzlos für die Steuerung und Überwachung Ihres Projektes.
So wird der Meilenstein in den Normen definiert
Der Meilenstein ist gemäß DIN 69900:2009 ein “Ereignis besonderer Bedeutung”. Der PMBOK® Guide, 6th Edition, beschreibt den “Milestone” ganz ähnlich als “significant point or event in the project … Milestones have zero duration because they represent a significant point or event.” Am ausführlichsten definiert PRINCE2:2017 den Meilenstein: “Ein bedeutendes Ereignis im Zeitverlauf eines Plans, beispielsweise die Fertigstellung wichtiger Arbeitspakete, den Abschluss einer technischen Phase oder einer Managementphase.” Auf den ersten Blick erscheint der Begriff “Meilenstein” wohldefiniert zu sein. Genauer betrachtet haben in den genannten Richtlinien Meilensteine keine besondere Bedeutung.
Dies überrascht, da der “Meilenstein” der wohl bekannteste Fachbegriff des Projektmanagements in der Umgangssprache ist und auch von Laien intuitiv verstanden wird, während z.B. das Konzept des Projektstrukturplans nur Fachleuten geläufig ist.
Der PMBOK® definiert noch als weiteren Punkt die Meilensteinliste: “A milestone list identifies all project milestones and indicates whether the milestone is mandatory, such as those required by contract, or optional, such as those based on historical information. The milestone list shows the scheduled dates for specific milestones and is used to check if the planned milestones have been met.”
Als Bestandteile eines Meilensteins werden oft nur zwei Dinge genannt:
- der Termin, der den Meilenstein zeitlich festlegt
- die Beschreibung des Ereignisses, das den Meilenstein charakterisiert
Diese beiden Punkte betrachten wir im nächsten Abschnitt genauer, aber auch die weiteren wichtigen Eigenschaften eines Meilensteins.
Der Termin
Ein Meilenstein ist gemäß Definition ein Zeitpunkt und hat also keine Dauer (Dauer=0). Dies ist theoretisch betrachtet richtig. Ein einfaches Praxisbeispiel zeigt jedoch, dass dies je nachdem, wie jemand die Situation betrachtet, nicht mehr stimmt.
Die erstmalige Präsentation eines Produktes, z.B. eines neuen Automodells, auf einer Fachmesse stellt für das Entwicklerteam einen wichtigen Meilenstein dar, an dem es sich bei der Produktentwicklung orientiert. Für den PR-Verantwortlichen hingegen stellt die öffentliche Präsentation dieses neuen Automodells im Rahmen der IAA eine Projektphase mit einer Dauer von zehn Tagen dar.
Wenn Sie den Termin eines Meilensteins festlegen ist es deshalb wichtig, dass Sie genau definieren was dieser Zeitpunkt bedeutet, z.B. „Eröffnung Internationale Automobil-Ausstellung IAA am 20. September 2020“. Falls dies noch zu ungenau ist, dann ist z.B. noch die Zeit in Stunden und Minuten anzugeben.
Das Ereignis
Neben einem Termin ist ein Meilenstein durch ein Ereignis charakterisiert. Dabei können Sie z.B. folgende Arten von Ereignissen unterscheiden:
- Erreichen eines Zustands, z.B. eine neue Produktionsanlage ist in Betrieb gegangen und produziert oder das Eintreffen einer wichtigen Zulieferung eines Lieferanten
- Fertigstellung eines Produktes, z.B. die Unterzeichnung und damit Fertigstellung eines Abnahmedokuments
- Treffen einer Entscheidung, z.B. Freigabe der nächsten Projektphase durch den Lenkungsausschuss oder treffen eines Entscheides für eine Systemvariante
Ein Ereignis kann auch über alle drei Eigenschaften zugleich verfügen: Wenn z.B. die Website eines neuen Einkaufsportals online geht, liegt ein neues Produkt (die produktive Website) vor und gleichzeitig entsteht dadurch ein neuer Zustand, da Kunden darüber Produkte bestellen können. Damit verbunden kann die Entscheidung eines Investors sein, weitere Mittel für dieses Unternehmen bereitzustellen.
Weitere Eigenschaften von Meilensteinen
Wenn Sie einen Meilenstein als einen Liefertermin des Projekts interpretieren, dann liefern die “Seven Rights” des Bundesverbandes für Logistik wichtige Hinweise, was für Informationen in der Beschreibung eines Meilensteins enthalten sein sollten: Logistik heißt:
- die Verfügbarkeit des richtigen Gutes
- in der richtigen Menge
- im richtigen Zustand
- am richtigen Ort
- zur richtigen Zeit
- für den richtigen Kunden
- zu den richtigen Kosten zu sichern.
Das heisst, Sie sollten die Eigenschaft Ihres Meilensteines sehr genau beschreiben, dies ist besonders wichtig, wenn es um vertragliche Verpflichtungen geht, z.B. etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt zu liefern oder in Betrieb zu setzen.
Die quantitative und qualitative Spezifikation des Ereignisses: Bei der Fertigstellung eines Produkts muss mindestens der Verweis auf dessen Spezifikation erfolgen. Hier sind unter anderem auch Qualitätskriterien oder die Beschreibung von Prüfverfahren sinnvoll.
Die betroffenen bzw. benötigten Ressourcen des Meilensteins: Ein Meilenstein erfordert nicht zwingend einen Arbeitsaufwand, er benötigt jedoch mindestens eine Ressource: Einen Verantwortlichen, der feststellt, ob der Meilenstein erreicht ist. Die Fertigstellung und Übergabe eines Produkts benötigt mindestens zwei Personen (oder Organisationseinheiten): Denjenigen, der das Produkt übergibt, z.B. den Ersteller, und denjenigen, der das Produkt entgegennimmt. Wenn eine Entscheidung zu treffen, so müssen alle Personen aufgeführt werden, die an dieser Entscheidung mitwirken sollen.
Die finanziellen Auswirkungen eines Meilensteins: Meilensteine dienen in erster in erster Linie dazu Termine zu planen und zu überwachen, es können mit ihnen aber auch Kosten oder finanzielle Auswirkungen verbunden sein. Zum Beispiel bei Go/No-go-Entscheidungen, wenn Budgets für die nächste Projektphase freigegeben werden oder Rechnungen bezahlt werden. Ein Meilenstein kann auch selbst Kosten verursachen, z.B. bei Konventionalstrafen beim Verpassen eines Liefertermins.
Die Schnittstellen nach außen: Meilensteine sind keine isolierten Ereignisse, sondern habe zahlreiche Verbindungen zu anderen Ereignissen oder Vorhaben. Die Verbindungen innerhalb des Projekts selbst sind einerseits relevant, aber Meilensteine sind auch bestens dazu geeignet, Schnittstellen eines Projekts nach außen, zu anderen Projekten oder zum übergeordneten Programm abzubilden.
Wie verbindlich sind Meilensteine?
Meilensteine können nur zur Orientierung dienen und sind in bestimmten Grenzen zeitlich frei verschiebbar. Möglich ist aber auch, dass mit der pünktlichen Erfüllung des Meilensteins weit reichende Konsequenzen verbunden sind. Die Inbetriebnahme eines Flughafens ist z.B. nur möglich, wenn die Gepäckabfertigungsanlage zuverlässig funktioniert. Der Flughafenbetreiber wird vermutlich eine empfindliche Konventionalstrafe festlegen oder sogar vom Lieferanten eine Haftung für Vermögensschäden fordern, fall er verspätet liefert.
Der Status eines Meilensteins
Damit Sie Meilensteine in Ihrem Projekt überwachen können, benötigen diese auch einen Status. Dieser muss mindestens zwei Werte umfassen: nicht erfüllt und erfüllt. Sinnvoll kann eine noch genauere Differenzierung des Status sein:
- vorläufig: wenn der Meilenstein noch nicht mit den betroffenen Stakeholdern verbindlich vereinbart ist
- gefährdet: wenn absehbar ist, dass der Meilenstein nicht gehalten werden kann
- überfällig: wenn der Meilenstein nicht erfüllt ist, obwohl sein Termin bereits verstrichen ist
Meilensteine in der Projektplanung
Wie viele Meilensteine braucht Ihr Projekt?
Ob ein Projekt nur wenige Meilensteine oder sehr viele habe sollte, hängt von der Sichtweise des Betrachters ab und wie diese verwendet werden: Entscheidungspunkte des Auftraggebers wird es nur wenige geben, der Terminplaner benötigt vielleicht zahlreiche Fixpunkte im Terminplan.
Für den Projektleiter, der das Projekt detailliert plant, reichen die Meilensteine des Auftraggebers hingegen nicht aus. Er benötigt weitere Kontrollpunkte, um die Gewissheit zu haben, dass er die mit dem Auftraggeber vereinbarten Meilensteine wie geplant erreichen kann. Andererseits dürfen es auch nicht zu viele werden, da der Projektmanager sonst den Überblick verliert.
Jedes Projekt hat mindestens einen Meilenstein: Die Abnahme des Projektergebnisses durch den Auftraggeber. Oft definiert die Projektgovernance eines Unternehmens für verschiedene Projektarten Meilensteine, z.B. nach jeder Projektphase oder sogar zwischen den Projektphasen. Je nach Dauer, Risiko oder Kosten eines Projektes werden der Auftraggeber oder Überwachungsgremien aber weitere Meilensteine fordern. Nachfolgend finden Sie ein Beispiel für die Meilensteinübersicht des Department of Defence (DoD), welche verschiedene Arten von obligatorischen Meilensteinen zeigt.
Für Terminplaner sind Meilensteine lediglich Elemente des Netzplans, die nur einen Zeitpunkt, aber keine Dauer haben. Terminplaner verwenden Meilensteine, um einen übersichtlichen und stabilen Netzplan erstellen zu können. Damit können sie z.B. bestimmte Abschnitte des Terminplans fixieren, die von äußeren Randbedingungen abhängen.
Die drei Planungsebenen
Meilenstein ist also nicht gleich Meilenstein! Die Bedeutung eines Meilensteins hängt von der Planungsebene ab, auf der er sich befindet. Bei grösseren Projekten werden oft mindestens drei Ebenen von Meilensteinen definiert:
- Auf der obersten Ebene trennen die Meilensteine die Projektphasen. Diese Meilensteine werden nach außen kommuniziert, z.B. zum Auftraggeber.
- Auf der zweiten Ebene dienen die Meilensteine der internen Planung, Überwachung und Steuerung durch den Projektmanager.
- Ab der dritten Ebene dienen Meilensteine als Elemente der Terminplanung.
Terminplanung nur mit Meilensteinen
Die einfachste Art eines Terminplans ist der Meilenstein-Netzplan. Dieser besteht lediglich aus Meilensteinen, die durch Anordnungsbeziehungen verknüpften sind. Wenn er über eine Zeitachse aufgezeichnet ist, kann man den Meilenstein-Netzplan auch als “Road-Map” des Projekts bezeichnen.
Unter Umständen kann für die Planung und Steuerung eines kleinen Projektes bereits ein Terminplan ausreichen, der nur mit den Meilensteinen der ersten und zweiten Ebene erstellt wurde. Voraussetzungen dafür sind:
- Die definierten Meilensteine repräsentieren den Leistungsumfang des Projekts vollständig.
- Alle Meilensteine sind umfassend beschrieben
- Eine Schätzung von Aufwänden und Dauern ist ohne detaillierte Terminplanung anhand von Erfahrungswerten für die zu erstellenden Produkte möglich.
- Für jeden Meilenstein ist eine Person oder eine Organisationseinheit verantwortlich.
- Die einzelnen Meilensteine können von den für sie verantwortlichen Personen oder Organisationseinheiten weitgehend selbständig erreicht werden.
Bei Bedarf können die Meilensteinverantwortlichen für sich selbst eine detailliertere Ablaufplanung vornehmen – der Projektmanager wird sich jedoch nicht um diese Teilpläne kümmern.
Meilensteine im Controlling
Nach PM-Richtlinien (wie z.B. PMBOK®) und anderer Literatur könnte man meinen Earned Value Management (EVM) scheint als Controlling-Methode die traditionelle Methode der Meilensteintrendanalyse (MTA) verdrängt zu haben. In der Praxis wird aber EVM nach meiner Erfahrung nur selten eingesetzt – aber auch die Meilenstein-Trendanalyse sieht man selten, obwohl es eine sehr einfach anzuwendende und auch für das Management einfach zu verstehende Methode ist. Die Meilenstein-Trendanalyse fokussiert sich nur auf Termine, EVM stattdessen hat den Projektumfang, die Kosten und Termine im Fokus.
Der Wert der MTA besteht darin, dass die Meilensteinverantwortlichen in regelmäßigen Abständen verbindlich rapportieren müssen, ob die Meilensteine erfüllt sind. Diese Vorgehensweise ist zuverlässiger als eine Hochrechnung aus letztlich immer subjektiven Fertigstellungsgraden. Eine ausführliche Darstellung der Meilensteintrendanalyse finden Sie in meinem Artikel “Meilenstein-Trendanalyse (MTA).
Die war eine umfassende Beschreibung von Meilensteinen in Projekten. Für einige von Ihnen war diese vielleicht etwas zu umfassend. Ich bin jedoch sicher, Sie werden bei Ihrer nächsten Projektplanung sich etwas mehr Gedanken machen, wie Sie ihre Meilensteine definieren.
Was ist Ihre Erfahrung mit Meilensteinen? Stimmen Sie mit meinen Aussagen überein oder haben Sie eine andere Ansicht? Teilen Sie Ihre Erfahrung mit einem Kommentar den Lesern mit, damit wir alle eine weitere Sicht kennenlernen. Danke!
Wenn Sie mehr über Meilensteine und Projektplanung wissen wollen, dann schauen Sie doch einmal in eines meiner Projektcontrolling-Bücher.