Unternehmen die Produkte entwickeln oft beträchtliche Risiken ein, die z.B. den Weiterbestand des Unternehmens gefährden können. Besonders innovative Produkte entwickeln ist ein riskanter und unsicherer Prozess und viel Produkte scheitern z.B. an der Machbarkeit oder an der Marktakzeptanz. Diese Unsicherheit führt oft dazu, dass Unternehmen vermeiden Risiken einzugehen – und wenn sie dies doch tun, dann investieren sie nicht selten zu viel Zeit und Geld und bauen nicht marktgerechte Produkte auf Basis mangelhafter Daten oder ungültigen Annahmen. In diesem Artikel erhalten Sie eine Übersicht mit welchen Risiken Sie in der Produkteentwicklung konfrontiert sind und wie Sie diese Risiken minimieren können.
Die meisten Unternehmen entwickeln Produkte
Produkteentwicklung ist riskant. Viele Unternehmen müssen Produkte entwickeln oder weiterentwickeln, die sie am Markt verkaufen, um Umsatz und Gewinn zu generieren. Nur auf diese Weise könne sie überhaupt existieren und Löhne bezahlen. Unter einem Produkt versteht man nicht nur physische Dinge wie z.B. ein Mobiltelefon oder eine Kaffeemaschine, sondern auch nicht-physische Dinge wie z.B. Software, Versicherungs- und Bankprodukte oder Dienstleistung wie z.B. Taxidienste (Uber oder Lyft). Hier finden Sie eine gute Definition von Produkt.
In einem ausgewogenes Projektportfolio eines Unternehmens gibt es nicht nur Betriebs- & Unterhalts-Projekte, die eher ein kleines Risiko für das Unternehmen bedeuten, sondern auch Wachstums- & Leistungssteigerungs-Projekte, die schon ein größeres Risiko sind. Dann gibt es die Transformations-Projekte, zu denen auch neue innovative Produkte und Dienstleistungen gehören, die oft ein hohes Risiko für das Unternehmen bedeuten. Solche Projekte sind nicht selten entscheidend für Unternehmen damit sie überleben. Deshalb ist hier das Risikomanagement ausgesprochen wichtig.
Die Risiken bei der Produktentwicklung
Neue Produkte entwickeln ist riskant, besonders je innovativer diese sind. Was sind aber typische Risiken bei der Produkteentwicklung? Mir kommen spontan diese in den Sinn:
- Technische Risiken: Das Produkt ist zu komplex und technisch nicht machbar wie geplant. Die Technik versagt nach einer bestimmten Zeit der Nutzung.
- Marktrisiken: Das Produkt ist zu innovativ, trifft die Kundenbedürfnisse nicht oder ist zu teuer (50 worst product flops of all time). Die Konkurrenz ist schneller auf dem Markt, vielleicht mit einem bessern Produkt oder das Produkt wir in kürzeste Zeit obsolete, weil die Konkurrenz bereits etwas innovativeres entwickelt hat. Überschätzen von potentiellen Verkäufen/Margen im Business Case.
- Kommerzielle Risiken: Marktrisiken sind oft die Ursache für kommerzielle Risiken. Dazu zählen die Profitabilität eines Produktes, aber auch Risiken bei Lieferanten, Währungskursen, Verträgen usw.
- Politische Risiken: Produkte aus China dürfen z.B. nicht in die USA geliefert werden (z.B. Huawei Mobiltelefone mit Google Services) oder amerikanische Mikrochips nicht nach China.
- Rechtliche Risiken: Ein wichtiger Punkt ist hier z.B. die Produkthaftpflicht, wenn Produkte einen Defekt haben oder gefährlich sind oder sonst gegen Gesetze verstoßen (Product Liability: You’re More Exposed Than You Think).
- Gesundheits-/Umweltrisiken: Das neue Produkt könnte in irgendeiner Weise die Umwelt oder die Gesundheit gefährden, indem es z.B. Giftstoffe freisetzt oder gefährlich ist. Hier sind auch langfristige Risiken zu beachten, wie z.B. Spielzeug das Giftstoffe enthält.
Neben diesen Risiken gibt es natürlich auch noch die üblichen Projektmanagement-Risiken, wenn diese Produkte entwickelt werden, wie z.B. Kostenüberschreitung, knappe Termine, Konventionalstrafen, nicht kooperative Stakeholder, ungenügende Kommunikation usw.
So reduzieren Sie die Risiken bei der Produktentwicklung
Die Hauptursache warum Produktentwicklungen oft scheitern ist ein fehlerhaftes Verständnis der Kundenbedürfnisse. Das heißt, viele neue Produkte scheitern nicht an technischen Unzulänglichkeiten, sondern weil sie einfach keinen Markt haben. Es überrascht daher nicht, dass Studien zeigen, dass rechtzeitiges und zuverlässiges Wissen über Kundenpräferenzen und -bedürfnisse entscheidend für die erfolgreiche Produktentwicklung ist.
Viele Unternehmen sind deshalb in den letzten Jahren dazu übergegangen, die Kunden direkt in den Innovationsprozess zu integrieren, indem sie zum Beispiel neue Produktkonzepte und Ideen bei ihnen einholen oder neue Produkte mit Ihnen gemeinsam entwickeln. Diese Firmen bitten oft auch um Kaufzusagen von Kunden für ein neues Produkt, bevor sie mit der endgültigen Entwicklung und Fertigung beginnen. Dieser Gesamtprozess – genannt kollektives Kundenengagement – kann Unternehmen helfen kostspielige Produktausfälle zu vermeiden und so entsprechend Risiken zu senken. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in diesem Artikel: Reducing the Risks of New Product Development.
Jede Innovation beginnt als eine Hypothese
Jede Innovation beginnt als eine Hypothese, einer Reihe von Annahmen und Überzeugungen darüber, wie ein neues oder verbessertes Produkt die Kunden begeistern und dem Unternehmen helfen wird, seine Geschäftsziele zu erreichen. Hypothesen sind jedoch nur Vermutungen – und natürlich Risiken – bis sie durch validiertes Feedback von echten Kunden gestützt werden.
Der schnellste Weg, eine Produktentwicklungs-Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen ist das Experimentieren, indem man einen Prototypen eines Produktes erstellt, z.B. bei physischen Produkten oder ein Minimal Viable Product (MVP) z.B. bei Software. Mit einem Prototypen kann man die technische Machbarkeit prüfen, aber auch Feedback potenzieller Kunden einholen und so Marktrisiken reduzieren. Bei Software und speziell bei der agilen Softwareentwicklung hat sich das Minimum Viable Product (MVP) etabliert, mit dem erstes Feedback vom Markt geholt werden kann.
Jede Innovation beginnt als eine Hypothese, die bestätigt oder widerlegt werden muss.”
In den folgenden Abschnitten gehe ich kurz auf das Minimum Viable Product ein, mit dem Sie in der Softwareentwicklung speziell die Marktrisiken erheblich senken können.
Das Minimum Viable Product
Agiles Projektmanagement vermeidet durch sein Vorgehen und die enge Zusammenarbeit einen gewissen Teil der Risiken in der Produkteentwicklung. In diesem Kontext hat sich speziell in der agilen Softwareentwicklung – aber nicht nur dort – das Minimum Viable Product (MVP) bewährt.
Ein Minimum Viable Product ist die erste Version eines Produktes, das genügend Merkmale von ausreichender Qualität enthält, um eine erste Gruppe von Kunden anzusprechen und, was entscheidend ist, wertvolle Rückmeldungen und Informationen darüber liefert, wie Kunden dieses Produkt nutzen und schätzen.
Ein MVP ist die einfachste Möglichkeit, die vorgeschlagene Innovation zu testen, und festzustellen, ob sie zu den gewünschten Ergebnissen führt. MVPs müssen getestet werden. Es ist das Ziel schnelles Feedback zu erhalten, idealerweise durch Kunden im Zielmarkt oder durch die vorgesehenen, zukünftigen Benutzer des Systems. Wenn die Rückmeldung positiv ist wird das Produkt auf den Markt gebracht. Ist die Rückmeldung negativ, ist eine Richtungsänderung (Pivot) erforderlich. Dies könnten eine Reihe von Änderungen am Produkt, gefolgt von zusätzlichen Experimenten für neues Feedback sein, oder es könnte sich eine Richtungsänderung ergeben zu einem völlig anderen Produkt oder einer anderen Strategie.
Das Vorgehen mit dem Minimum Viable Product reduziert die Risken für Unternehmen erheblich, besonders zu Beginn einer innovativen Entwicklung. Ein MVP wird meistens nur zum testen des Marktes erstellt und ist oft noch nicht so weit, dass es direkt am Markt eingeführt werden kann. Oft wird dann das MVP weiter ausgearbeitet und daraus ein Minimum Marketable Product (MMP) erstellt, dass dann “reif” für den Markt ist.
Erfahren Sie mehr zum Minimum Viable Product
Erfahren Sie mehr zum Minimum Marketable Product
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