Der Begriff Resilienz wird in der deutschen Sprache nicht oft verwendet. Neu vertreten ist er im PMBOK© Guide 6th Edition im Kapitel Risk Management als “Project Resilience”. Viele von Ihnen werden nicht genau wissen was der PMBOK© Guide damit meint. In diesem Artikel zeige ich Ihnen, was Resilienz ist und speziell, was Resilienz für Projekte und das Risikomanagement bedeutet. Neugierig? Dann lesen Sie schnell weiter.
Was ist Resilienz?
Resilienz ist kein geläufiges Wort in der deutschen Umgangssprache. Ich benutze es eigentlich nie – es wird aber in der Fachsprache aber oft verwendet. Auch der PMBOK© Guide 6th Edition führt im Zusammenhang mit den Emergent Risk (entstehenden Risiken) den Begriff Project Resilience ein.
Der Begriff Resilienz leitet sich vom lateinischen resilire (für zurückspringen oder abprallen) ab. Ursprünglich war damit die physikalische Fähigkeit eines Körpers gemeint, nach Veränderung der Form wieder in seine Ursprungsform zurückzuspringen. Resilienz wird ebenfalls in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen verwendet, beispielsweise im Ingenieurwesen, der Energiewirtschaft, als Resilienz von Ökosystemen und auch in der Psychologie.
Allgemein wird Reslienz mit Widerstandsfähigkeit gleichgesetzt. Das heisst die Fähigkeit haben, Krisen zu widerstehen und zu bewältigen ohne grossen Schaden davon zu tragen – und kleinere und größere Krisen, das wissen Sie vielleicht, gibt es in Projekten immer mal wieder.
Vorbereitet sein auf das Unerwartete
Kürzlich habe ich ein Interview mit einem Ex-Marinesoldaten gelesen, der in seiner zweiten Karriere für Methoden zum Aufbau von persönlicher und Teamstärke und Widerstandsfähigkeit berühmt geworden ist. Er wurde gefragt, ob er den Film “Navy Seals” gesehen habe mit Charlie Sheen in der Hauptrolle, und wie realistisch die Darstellung war. Natürlich ist sie es nicht, aber ein Hauptpunkt war, dass Charlie Sheen in der kurzen Zeit, die der Film abdeckt, mehr Action gesehen hat, als die meisten Seals in ihrer ganzen Karriere sehen würden.
Die Seals verbringen 95% ihrer Zeit mit der Planung. Sie untersuchen jedes mögliche Szenario und entwickeln Notfallpläne, um sicherzustellen, dass sie die besten Erfolgschancen haben. Die Missionen der Navy Seals sind sehr riskant aber fast immer erfolgreich, nicht nur weil sie extrem gut ausgebildet sind, sondern weil sie dank einer extrem sorgfältigen Planung widerstandfähig sind und sich auf „vermeintlich” unterwarte Situationen sehr schnell einstellen können.
Die Resilienz in Projekten erhöhen
Bei den Emergent Risk (entstehenden Risiken) handelt es ich um Risiken, die erst erkannt werden, nachdem diese eingetreten sind. Solche Risiken können bewältigt werden (bzw. der Schaden hält sich in Grenzen), indem man sein Projekt widerstandsfähig macht. Aber wie macht man das?
Auf Emergent Risiken kann man sich nicht mit einem normalen, proaktivem Risikomanagement-Prozess vorbereiten – weil man die Risiken nicht kommen sieht. Stattdessen müssen Sie ein Vorgehen entwickeln, dass bei der Behandlung entstehender Risiken in Projekten wirksam ist. Zwei Schlüsselstrategien werden Ihnen helfen, wenn unvorhergesehene Risiken eintreten:
- Flexibilität – die Fähigkeit, sich zu biegen, ohne zu brechen, das heisst, sich leicht anpassen können.
- Resilienz: Nach grösseren Auswirkungen von unerwarteten Risiken (den unbekannten Unbekannten) die Kernaufgaben trotzdem fortführen können – das heisst Widerstandsfähig sein.
Um die Flexibilität und Resilienz bei Projekten zu erhöhen zählt der PMBOK© Guide folgende Massnahmen auf:
- Zum Budget für die bekannten Risiken zusätzlich den richtigen Level an Budget und Schedule Contingency für Emergent Risks planen
- Flexible Projektprozesse definieren, die mit den Emergent Risk umgehen können und gleichzeitig die Gesamtausrichtung auf die Projektziele beibehalten, einschließlich eines starken Change Managements
- Ein befähigtes (empowered) Projektteam, das klare Ziele hat und dem man vertraut die Arbeit innerhalb der vereinbarten Grenzen zu erledigen
- Regelmäßige Überprüfung von Frühwarnsignale, um Emergent Risks so früh wie möglich zu erkennen
- Input von Stakeholdern, damit Bereiche geklärt werden, in denen der Projektumfang oder die Strategie angepasst werden kann, als Reaktion auf Emergent Risks.
Ein solides Risikomanagement ist natürlich das beste Mittel Ihr Projekt widerstandsfähiger zu machen. Hier ist entscheidend, bei der Risikoidentifikation genügend Zeit einsetzen und offen zu sein für neue Ansichten. Dabei sollten Sie versuchen Ihren konzeptionellen Rahmen zu sprengen und Ihre Unternehmens- oder Weltsicht zu erweitern, und so versuchen Ihre blinden Flecken etwas zu eliminieren. So ist es möglich auch Risiken zu entdecken, die Sie sonst nicht sehen, weil sie außerhalb Ihrer Erfahrung oder Ihres Bewusstseins liegen.
Mehr zu entstehenden Risiken (Emergent Risk) und Nicht-Ereignisrisiken
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Mehr Zeit einsetzen, um Risiken zu identifizieren
Meine Erfahrung zeigt aber auch, dass man oft zu wenig Zeit investiert, um Risiken zu identifizieren. Wenn dann Risiken eintreten, die man nicht identifiziert hat, dann handelt es sich dann einfach um die unbekannten Unbekannten, die man ja eh nicht hätte identifizieren können. Ich behaupte aber: Mit etwas mehr Zeitaufwand, Mühe und Offenheit hätte man auch einige dieser Risiken vielleicht identifiziert.
Oft werden auch die Covid-19 Pandemie, die 9/11 Attacke auf das Word Trade Center oder die letzten zwei grossen Finanzkrisen von 2000 und 2008 als sogenannte “Black Swans” bezeichnet (seltene und höchst unwahrscheinliche Ereignisse). Nichts wies darauf hin wird behauptet. Komischerweise gab es aber Personen, die öffentlich davor warnten aber niemand wollte es hören, bis dann das vermeintlich „Unerwartete” eintrat und die Meisten total überraschte.
Mehr zum Zeitaufwand für das Risikomanagement einsetzen
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