Das Projekttagebuch: Die unverzichtbare Gedächtnisstütze für Projektmanager, um Zeit und Ärger zu sparen

Finden Sie es als Projektleiter abwegig ein Projekttagebuch zu führen? Haben Sie überhaupt schon einmal von einem Projekttagebuch gehört? Wenn nicht, dann ist es Zeit dieses sehr nützliche, jedoch oft unterschätzte Hilfsmittel im Projektalltag kennen zu lernen. Gespannt? Dann sofort weiterlesen.

Können Sie sich noch erinnern?

Können Sie sich noch an die Entscheidungen aus Ihrem letzten Kundengespräch erinnern, daran, wann Sie Ihre Kostenprognose angepasst haben, wer bei der letzten Baustellenbesichtigung des Kunden dabei war, welche zentralen Punkte diskutiert wurden und wie das produziert Produkt aussah? Dies sind nur einige der Fragen, deren Antworten in der Vergangenheit liegen und oft schwer aus dem Gedächtnis abzurufen sind.

Als Projektleiter hatte ich vor einiger Zeit auch die Erfahrung gemacht, dass ich nicht mehr genau und sofort nachvollziehen konnte, wann wir in den letzten Monaten unsere Projektkosten-Prognose für das Projekt angepasst haben. Es hat mich dann einiges an Zeit gekostet die E-Mails des letzten Monate durchzuschauen. Das war für mich der Schritt zum Projekttagebuch.

Der Rückhalt wenn man sich rechtfertigen muss

Im Privaten sind Tagebücher nicht mehr so aktuell wie früher, aber bei Vielen immer noch ein unentbehrliches Werkzeug. Sie haben die Aufgabe den Tag zu verarbeiten und das Wesentliche, was einem bewegt hat, festzuhalten.  In einem Projekt ist es sehr ähnlich. Jeder Projektleiter sollte wissen, was an einem hektischen Tag Wesentliches passiert ist. Wie viele Projektleiter kennen Sie, die ein Projekttagebuch führen?

Wenn man bedenkt, wie vergesslich wir sind, dann ist es erstaunlich, wie sich die Vorgesetzten und Auftraggeber auf Ihre Projektleiter verlassen. Spätestens wenn man sich vor seinem Chef oder vor dem Kunden rechtfertigen oder schnell Auskunft geben muss, wird das Gedächtnis ohne Tagebuch massiv strapaziert. Das Tagebuch ist nicht nur wichtig für den Projektleiter, sondern auch für seine Vorgesetzten und das Unternehmen selbst. Es kann entscheidend sein vor Gericht, kann im schlimmsten Fall vor der Insolvenz bewahren oder für einen guten Weihnachtsbonus sorgen. Nur wer die passenden Informationen zeitgerecht bereit hat kann kompetent auftreten und sich und sein Unternehmen verteidigen oder schützen.
Es gibt Unternehmen oder Organisationen, die schreiben Projekttagebücher und deren Inhalt vor, speziell im Baubereich.

Besprechungsprotokolle sind nicht genug

Besprechungsprotokolle dokumentieren besprochenes aber meist nur Entscheidungen in Sitzungen. In der Baubranche werden Bautagebücher verwendet. Dies ist gute Sache und da ist die Baubranche tatsächlich den anderen Branchen einiges voraus Projektereignisse zu dokumentieren.

Ein Auszug aus Wikipedia zum Thema Projekttagebuch: “Das Bautagebuch sollte täglich, jedoch mindestens bei jedem Baustellenbesuch geführt und von allen Beteiligten (Fachbauleiter, Bauherr und Handwerker) unterschrieben werden. Aus juristischer Sicht ist das Bautagebuch ein Beweismittel, welches vor Gericht Bestand hat.” Im Wikipedia-Artikel steht auch, was im Bautagebuch stehen muss.

Die meisten Projektleiter (ausser auf dem Bau) kennen ein Projekttagebuch aber leider nicht. Es ist neben der offiziellen Projekt-Dokumentation, wie z.B. Sitzungsprotokollen und Abnahmeprotokollen ein wichtiges Element, welches auch inoffizielle Beobachtungen, Sachverhalte und Gedanken dokumentiert und auch das, was zwischen den Zeilen steht.

Vorteile eines Projekttagebuchs

  • Bessere Erinnerung: Vermeiden Sie die Frustration, E-Mails durchsuchen zu müssen oder sich mühsam an Details zu erinnern.
  • Gute Nachvollziehbarkeit: Wenn Sie eine Entscheidung erklären müssen, haben Sie eine verlässliche Aufzeichnung als Nachweis.
  • Verbesserte Verantwortlichkeit: Zeigen Sie Sorgfalt und Professionalität gegenüber Stakeholdern.
  • Rechtlicher Schutz: Genaue Aufzeichnungen können bei Streitfällen oder Audits entscheidend sein.
  • Bessere Teamkommunikation: Ein gemeinsames Tagebuch oder Logbuch kann Sub-Projektmanager und Teams aufeinander abstimmen.

Was gehört in das Projekttagebuch?

Was in ein Projekttagebuch gehört kann man in einem Satz sagen: Schreiben sie alles auf, was Ihre potenzielle Projektdurchführung, Leistung, Kosten und Profitabilität betreffen kann. Alles was auf Sie zurückkommen könnte oder einen Einfluss auf Sie oder Ihr Unternehmen haben könnte.

Besonders bei externen Projekten kann ein Tagebuch für Sie ein wertvolles Hilfsmittel sein. Sie zeichnen den Arbeitsfortschritt, die örtlichen Bedingungen, Nutzung von Arbeitskräften und Ausrüstung, die Fähigkeit (oder Unfähigkeit) des Auftragnehmers/Auftraggebers seine Arbeit/Mitwirkungspflichten zu verrichten. Alles das können wertvolle Informationen sein, um die Ereignisse des Projektes genau zu rekonstruieren,  um potentielle Ansprüche (Claims) zu vermeiden, und um Schäden verschiedener Art zu verhindern. Hier ein paar Beispiele, was in ein Tagebuch gehört:

  • Wetterbedingungen, welche das Projekt, das Produkt oder das Projektteam beeinflussen
  • Beobachtungen über die Leistung von Betrieb/Material/Maschinen
  • Bemerkungen über den Projekt/Baufortschritt, Abwesenheiten von Contractor Personal
  • Jegliche Störung in der Projektdurchführung
  • Sitzungen mit Management/Kunden/Projektteam (Teilnehmer, Entscheidungen)
  • Zusammenfassung von Gesprächen, besonders mit Auftragnehmern, Suppliern etc.
  • Aufzeichnung von Meinungsverschiedenheiten und Streitfällen (mit Auftragnehmern) bezüglich Qualität, Terminen etc.
  • Grössere Änderungen in Plänen und Verträgen. Notwendige Änderungen und nachfolgende Massnahmen
  • Änderungen an Projektbudgets

Überall, wo etwas physischen produziert wird (z.B. im Bau, Engineering) , sind Fotos ein besonders wichtiges Dokumentations- und Beweismittel und unterstützten geschriebene Tatsachen. Bei Digitalfotos sind in den Exif-Daten des Fotos normalerweise Datum und Zeit und bei besseren Kameras auch Geo-Daten gespeichert. Das hilft natürlich.

Das Tagebuch wird ein wichtiger Bestandteil sein, wenn das Projekt mit Audits, Ermittlungen oder Gerichtsverfahren konfrontiert ist oder sich anderseitig rechtfertigen muss. Die Aufzeichnungen sollten genau und komplett sein und sollten nur Tatsachen und keine persönliche Meinung enthalten.

Die Tatsache, dass ein Ereignis nicht aufgezeichnet wurde weisst darauf hin, dass es nicht eingetreten oder unbedeutend war und kann die Glaubwürdigkeit des gesamten Tagebuches gefährden.

So strukturieren Sie das Tagebuch wirkungsvoll

Wie sieht das Tagebuch aus?

Früher waren Tagebücher tatsächlich Bücher. Heute werden diese meistens ersetzt durch elektronische Hilfsmittel. Die Grundanforderungen an ein Tagebuch sind einfach: Die Software sollte eine gute Suchmaschine haben jederzeit verfügbar sein, mindestens auf dem mobilen Rechner (Notebook), aber noch besser auch auf dem Mobile Phone und Tablet. Aus meiner Sicht eignet sich z.B. Google Sheets (oder Excel Online) sehr gut dazu. Folgende Attribute sollten mindestens vorhanden sein:

  • Datum/Zeit
  • Aktivität
  • Weitere Felder könnten sein:
  • Ort
  • Kunde
  • Schlagworte
  • Labels
  • Kategorien
  • Termine
  • Status

Die Suche verbessern mit Metadaten

Um bessere Suchresultate in Ihrem Projekttagebuch zu erzielen, sollten Sie folgende Strategien anwenden:

  • Konsistente Metadatenfelder: Standardisieren Sie Felder wie Projektphase, Kategorie/Typ, Prioritätsstufe, verantwortliches Team/Abteilung und Schlagwörter/Tags, um eine einfache Filterung und Suche zu ermöglichen.
  • Effektive Nutzung von Datumsangaben: Verfolgen Sie Eingabedatum, Fälligkeitsdatum und Abschlussdatum, um eine klare Zeitlinie zu erhalten.
  • Dropdown-Listen: Implementieren Sie Dropdown-Menüs für Spalten wie Status, Prioritätsstufe, Projektphase oder Kategorie, um einheitliche Einträge sicherzustellen.
  • Eindeutige Kennungen: Weisen Sie jedem Eintrag eine eindeutige ID zu, um besonders bei großen Projekten eine einfache Querverweisung zu ermöglichen.
  • Beschreibende Spaltennamen: Verwenden Sie klare und spezifische Namen für jede Spalte, um die Filterung intuitiv zu gestalten.
  • Durchsuchbare Zusammenfassungs-Spalte: Fügen Sie eine Zusammenfassung oder Beschreibung mit Schlüsselbegriffen hinzu, um spezifische Inhalte schnell zu finden.
  • Farbkodierung: Nutzen Sie Farben, um Status, Fälligkeitsdaten oder kritische Risiken für eine schnelle visuelle Erfassung hervorzuheben.
  • Hyperlinks zu verknüpften Dokumenten: Verknüpfen Sie Einträge mit zugehörigen Dokumenten oder Projektdateien, um einen einfachen Zugriff und eine schnelle Referenzierung zu ermöglichen.

Best Practices für das Führen eines Projekttagebuchs

  • Eine Routine etablieren: Aktualisieren Sie das Tagebuch konsequent täglich, um Genauigkeit und Vollständigkeit zu gewährleisten. Sonst gehen Aktivitäten schnell vergessen.
  • Zentralisieren und Zugriff teilen: Speichern Sie das Tagebuch an einem zentralen, cloudbasierten Ort, der relevanten Teammitgliedern für Echtzeit-Aktualisierungen zugänglich ist.
  • Regelmäßige Überprüfungen: Überprüfen Sie das Tagebuch regelmäßig, um Trends, wiederkehrende Probleme oder notwendige Anpassungen zu erkennen.
  • Balance zwischen Details und Prägnanz: Dokumentieren Sie wesentliche Informationen, ohne das Tagebuch mit unwichtigen Details zu überladen, um dessen Nützlichkeit zu erhalten.
  • Das Team einbinden: Ermutigen Sie Teilprojektleiter und Teammitglieder zur Mitarbeit und stellen Sie sicher, dass sie den Nutzen und die Erwartungen verstehen.
  • Vertraulichkeit wahren: Achten Sie auf sensible Informationen und beschränken Sie den Zugriff nach Bedarf, um die Vertraulichkeit zu schützen.

Häufige Bedenken

Das gibt viel zu viel Aufwand!

Ein Projekttagebuch zu führen, mag anfangs mühsam erscheinen. Doch überlegen Sie, was mehr Aufwand bedeutet: Stundenlange Informationszusammenstellungen, endlose Rechtfertigungsmeetings, ein Auftritt vor Gericht oder die Suche nach einem neuen Job? Ein paar Minuten pro Tag zu investieren, um festzuhalten, was passiert ist, ist eine Investition, die Ihnen langfristig viel Zeit und Ärger ersparen kann. Mit der Zeit wird diese Routine zur Gewohnheit. Glauben Sie an den Wert eines Projekttagebuchs – eines Tages könnte es genau das Werkzeug sein, das Ihnen hilft, aus einer schwierigen Situation herauszukommen.

Nutzen Sie Ihr Projekttagebuch – Sie werden es mit Sicherheit schätzen, wenn Sie es am dringendsten brauchen!

Zusammenfassung

Ein Projekttagebuch ist ein wichtiges Werkzeug für Projektmanager und sein Team, das Transparenz, Verantwortlichkeit und kontinuierliche Verbesserung fördert. Durch implementieren eines strukturierten Formats, beibehalten von Konsistenz und einbinden der Teammitglieder können wertvolle Erkenntnisse erfasst werden, welche die Projektleistung verbessern und Ihre Interessen wahren.

Durch integrieren dieser umfassenden Strategien und die sorgfältige Führung von Aufzeichnungen wird Ihr Projekttagebuch zu einer unverzichtbaren Ressource, die sicherstellt, dass Sie und Ihr Team auf Kurs bleiben, fundierte Entscheidungen treffen und Ihre Projektziele effizient erreichen.
Ob Sie ein erfahrener Projektmanager sind oder Teilprojekte managen, beginnen Sie klein, bleiben Sie konsequent und erleben Sie, wie sich die Vorteile entfalten.

Starten Sie Ihr Projekttagebuch noch heute

Warten Sie nicht, bis Sie von vergessenen Details und verpassten Fristen überwältigt werden. Beginnen Sie noch heute mit der Führung eines Projekttagebuchs und erleben Sie die Klarheit, Kontrolle und das Vertrauen, das es in Ihre Projektmanagement-Bemühungen bringt.

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