Es gibt selten ein Projekt, dass ein Land jahrzehntelang beschäftigt und bewegt hat und auf dass es wirklich stolz ist. Beispiele dafür sind vielleicht der Bau des Suez-Kanals, die Mondlandung der Amerikaner oder der Bau des Eurotunnels. Aber das ist nichts, im Vergleich zu diesem Projekt, auf das die Schweiz und die Schweizer stolz sind.
Am 1. Juni wird in der Schweiz der Gotthard Basis Tunnel (GBT) offiziell eröffnet und geht mit dem Dezember-Fahrplanwechsel in Betrieb. Ein Mega-Projekt, dass mit einer Idee 1947 startete und am 1. Juni 2016, ein Jahr früher als geplant, vollendet wird und 12 Milliarden Schweizer Franken kostete.
Ein Jahrhundertbauwerk hinter dem die Bevölkerung steht
Der Gotthard-Basistunnel ist zweifelsohne ein Jahrhundertbauwerk, zu dessen Realisierung Schweizer Qualitäten wesentlich beigetragen haben: Pioniergeist, Innovationskraft,
Präzision und der Wille, etwas durchzuziehen. Gemeinsam sagten wir Schweizer: «Ja, das machen wir.» Es war eine demokratische Entscheidung, gestützt durch mehrere Volksentscheide. Das ist das spezielle in der Schweiz, das Volk entscheidet und stellt sich hinter einen solchen Entscheid!
Der Gotthard ist mehr als ein Wunder des Tiefbaus und steht für universelle Rekorde. Der erste Eisenbahntunnel war bei seiner Eröffnung 1882 der längste Tunnel der Welt. Auch der neue Gotthard-Basistunnel (GBT), ist mit 57 Kilometern der heute längste Tunnel der Welt. Es ist nicht nur ein einfacher, langer Tunnel. Das Projekt umfasst komplexe Umsysteme wie Zufahrtstrecken, umfassende Lüftung-, Sicherheit,- und Entwässerungssysteme, Steuerung, Tunnelleittechnik, diverse Infrastruktur vor und nach dem Tunnel usw.
Der Gotthard steht für Superlative, für Mythen, für Visionen. Aber er steht noch für etwas anderes, das vielleicht weniger spektakulär ist, aber dafür umso wichtiger: für helvetische Tugenden wie Beharrungsvermögen, Pragmatismus, Genauigkeit und Verlässlichkeit. Als sich der Süd- und der Nordvortrieb am 15. Oktober 2010 im Berg trafen betrug die Abweichung lediglich 0,00014 Prozent, das sind ediglich acht Zentimeter seitlich und einen Zentimeter in der Höhe. Kaum etwas veranschaulicht die Stärken der Schweiz besser als diese Präzision.
Die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) wird ganz von der öffentlichen Hand getragen, also mit Steuern und Abgaben finanziert. Laut offiziellen Angaben kostet die Neat inklusive Lötschberg-, Gotthard- und Ceneri- Basistunnel gut 23 Mrd. Franken (ca. 20 Mrd Euro).
Wer mehr über dieses Mega-Projekt lesen will, dem empfehle ich die ausserordentlich gut gemachte Broschüre der Credit-Suisse, welche Hauptsponsor der Eröffnungsfeierlichkeiten ist.
Bulletin 2/16 Gottardo – vom schweizerischen Mythos zum längsten Tunnel der Welt (PDF 3.8 MB)
Leseempfehlung: Interview mit dem Gesamt-Projektleiter Peter Jedelhauser ab Seite 15
Die Erfolgskriterien beim Gotthard Basis-Tunnel Projekt
Ich habe mich gefragt, was waren die wesentlichen Erfolgskriterien bei diesem Projekt. Aus dem Interview mit dem Gesamt-Projektleiter Peter Jedelhauser konnte ich unter anderem folgende Punkte identifizieren:
Das Stakeholder-Committment: „Wir mussten nie über die politische Legitimation diskutieren. Das Projekt wurde von der Bevölkerung mitgetragen, jeder wusste, das ist ein demokratisch gefällter Mehrheitsbeschluss. Wir trafen rundum auf eine positive Grundhaltung. Man hätte uns mit Einsprachen das Leben viel schwerer machen können.“
Das Risikomanagement hatte einen sehr hohen Stellenwert: (Seite 17): „Wir haben die Planung etwas anders aufgezogen als bei anderen vergleichbaren Projekten. Wir sind von den Risiken ausgegangen: Was wäre, wenn etwas schiefläuft? Was tun wir, wenn wir Schwierigkeiten haben bei … , was ist die Rückfallebene? Weil wir uns diese Fragen ständig gestellt und überall Alternativen ausgearbeitet haben, waren wir auf Probleme vorbereitet.“
Der Kunde lag im Fokus: „Wir haben ganz bewusst nicht bei der Technik begonnen, sondern beim Kunden. Was muss ich machen, damit er zufrieden ist? Damit er bekommt, wofür er bezahlt hat?“
Transparenz, eine offene Fehlerkultur und Verlässlichkeit: „Wenn ein Meilenstein oder Termin nicht eingehalten werden kann, wenn es Probleme gibt, dann ist die Frage wichtig: „Welche Auswirkungen hat das auf meine Kollegen und dessen Arbeitspakete und wie können wir allfällige Auswirkungen beherrschen und reduzieren.“ Zwei Grundwerte halte ich dabei für besonders wichtig: Transparenz – auch wenn sie wehtut. Aber nach meiner Erfahrung tut es mehr weh, wenn ein Fehler später zu Tage tritt. Und Verlässlichkeit. Beides hat unter dem Strich sehr gut funktioniert. Da muss ich meinen Mitarbeitern einen riesigen Dank aussprechen.
Eine Meisterleistung, ein Projekt der Superlative!
Es ist zwar nur ein riesiger Tunnel, was aber dahintersteckt ist eine Meisterleistung, ein Projekt der Superlative, von dem man viel lernen kann. Lassen Sie sich einfach inspirieren und lesen Sie ein paar Seiten der folgenden Broschüre:
Bulletin 2/16 Gottardo – vom schweizerischen Mythos zum längsten Tunnel der Welt (PDF 3.8 MB)
Das Tunnelsystem der Rekorde (Infografik auf Tagesanzeiger.ch)
Imagekampagne Gottardo 2016 (Sehenswerte Plakate)