Das umstrittene Informatikprojekt der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wurde 2005 vom Parlament genehmigt. Durch eine vollständige Erneuerung der IT sollten die Abläufe der Steuerverwaltung vereinfacht werden. Das Budget betrug 150 Millionen. Nach zahlreichen Pannen und Unregelmässigkeiten bei Ausschreibungen summieren sich die Kosten für das Projekt bis Ende August 2012 auf 97 Millionen Franken. Indes wurden lediglich 10 Prozent der notwendigen Programmierarbeiten abgeschlossen.
Eine Weiterführung des Projekts werde als zu risikobehaftet beurteilt, hiess es in einem Communiqué des Eidg. Finanzdepartements (EFD). Die Projektleitung habe festgestellt, dass sich das Projekt verzögere und die gesprochenen Mittel bis Ende 2015 möglicherweise nicht genügen würden. Die Projektorganisation soll nun retten, was vom Projekt zu retten ist. Die Arbeiten, die abgeschlossen sind, sollen gesichert und bereits erstellte Komponenten des geplanten Systems in den Betrieb überführt werden.
Das Projekt INSIEME verlief von Anfang an nicht nach Plan. Der Auftrag war 2006 zunächst an den US-Informatikkonzern Unisys vergeben, später aber wieder zurückgezogen worden. Die ESTV musste Unisys eine Entschädigung zahlen. 2011 wurde die Projektleitung ausgewechselt. Wesentliche Teile des ursprünglichen Vorhabens mussten aus dem Projekt gestrichen werden. Eine eingeleitete Administrativuntersuchung förderte Unregelmässigkeiten bei Beschaffungen zutage. Es wurden mehrmals Aufträge ohne Ausschreibungen vergeben.
Im Parlament herrschte grosse Empörung als diese Katastrophe bekannt wurde „Unsere kritischen Fragen zum Projekt wurden über Jahre ignoriert oder offensichtlich falsch beantwortet“, sagte der Präsident Sozialdemokratischen Partei Christian Levrat.
Der Bundesrat hat aus dem Debakel bereits Konsequenzen gezogen. Ähnliche Projekte sollen in Zukunft durch eine Qualitätskontrolle begleitet werden.
Keine Frage: Ein komplexes Informatikprojekt ist kein Spaziergang. In der Privatwirtschaft werden grosse Softwareprojekte regelmässig an die Wand gefahren , weil meistens der Blick für das Gesamte fehlt. Was allgemein bekannt ist: Kleine Projekte scheitern viel weniger oft. Dass die Projektverantwortlichen aber jahrelang alle Fragen der Vorgesetzten abwimmeln konnten, deutet für mich auf ein gravierendes Manko an Führungsverantwortung, der Vorgesetzten hin. Aus meiner Sicht hat hier speziell der Auftraggeber versagt, der seiner Überwachungsfunktion nicht nachgekommen ist.
Was braucht es bei solchen grossen Projekten? Diese zwei Punkte kommen mir jetzt gerade spontan in den Sinn:
- Eine Aufteilung des grossen Projektes in kleinere Projekte, die auch ohne die anderen Projekte einen Nutzen generieren.
- Eine aussenstehende, unabhängige Kontrollinstanz , die regelmässig das Gesamtprojekt und die Teilprojekte auditiert und an den Auftraggeber (Finanzministerin) und die Geschäftsleitung (Parlament) rapportiert.