Man will es nicht zugeben, und versucht es oft zu verbergen – viele Projekte sind nicht erfolgreich. Man liest es täglich in der Zeitung oder erfährt es im eigenen Unternehmen. Bekannte Beispiele für prominente, gescheiterte Projekte sind z.B. der Berliner der Großflughafen BER, die Elbphilharmonie oder IT-Projekte beim Bund. Im folgenden Beitrag finden Sie eine detaillierte Beschreibung der Problemfelder, die Projekte zum Scheitern bringen mit Vorschlägen was verbessert werden sollte.
Was an gescheiterten Projekten bekannt wird ist nur die Spitze des Eisberges. Das heißt: Projektbudgets und Termine werden massiv überschritten, Projektresultate werden nur teilweise oder in schlechter Qualität geliefert oder Projekte werden vor der Fertigstellung abgebrochen. Verschiedene Untersuchungen über IT-Projekte in den USA und Europa in den letzten Jahren zeigten folgendes:
- mehr als 70% aller Projekte enden weit über dem definierten Budget oder dem definierten Endtermin oder liefern nicht die ursprünglich definierten Merkmale oder Funktionen.
- mehr als 25% der Projekte scheitern und werden abgebrochen.
- mehr als 50% aller IT-Projekte kosten mindestens 150% mehr als ursprünglich geplant.
- Viele Projekte werden auch nach riesigen Investitionen in Zeit und Geld nie fertig.
- Jedes Jahr werden für gescheiterte Projekte in den USA mehr $75 Milliarden aufgewendet.
- Große Projekte scheitern häufiger.
Das Resultat sieht nicht rosig aus. Aber warum sind denn viele Projekte nicht erfolgreich? Eigentlich sind die Probleme schon lange bekannt. Hier einige Beispiele:
- Keine klaren Business-Ziele
- unklar definierte und nicht abgenommene Anforderungen
- Schlechter Einbezug der Benutzer
- Schlechte Projektplanung
- Ungenügendes Änderungsmanagement
- Ungenügende Kostenüberwachung
- Zu wenig (Zwischen-) Meilensteine
- Schlechte Kommunikation
Die Problemfelder die Projekte zum Scheitern bringen
Die oben genannten acht Beispiele für Projektprobleme liegen alle innerhalb des Projektes. Aber hätten Sie gedacht, dass ein großer Teil der Ursachen für das Scheitern von Projekten nicht innerhalb des Projektes, sondern im Umfeld des Projektes liegt? Mit meiner Erfahrung aus den verschiedensten Projekten und Unternehmen habe ich für Sie versucht die Hauptproblemfelder in einer Grafik darzustellen. Die Problemfelder für das Scheitern von Projekten unterscheiden sich in:
- Projektinterne Ursachen auf dem inneren Kreis
- Projektexterne Ursachen auf dem Äußerer Kreisring.
Projektinterne Ursachen
Projektführung
Der Projektleiter ist die zentrale Führungsperson des Projektes und er ist einer der Hauptursachen dass Projekte scheitern. Das tönt hart, aber er ist oft nicht einmal selber schuld, denn er wurde für ein Projekt bestimmt, für das vielleicht sein Wissen, seine Fähigkeiten und Erfahrung bei weitem nicht genügen. Nicht selten werden auch sehr gute Spezialisten auf ihrem Fachgebiet zu Projektleitern erkoren, denen es aber an Führungs- und Projekterfahrung mangelt.
Auch wenn der Aufgabe entsprechend ein fähiger Projektleiter bestimmt wurde, dieser aber schon ein oder zwei andere Projekte leitet, dann senkt dies die Erfolgschange des Projekte wesentlich. Ein mutiger Projektleiter lehnt ein Projekt ab, wenn er weiss, dass es seine Fähigkeiten übertrifft oder er schon mehr als genug zu tun hat. Viele tun es nicht, weil dies vielleicht Konsequenzen hätte.
Projektleiterauswahl ist eine Managemententscheidung und solche Entscheidungen werden nicht selten spontan gefällt. Liegt jetzt die volle Schuld beim Management für die ungenügende Projektführung und das scheitern des Projektes?
Was für Fähigkeiten braucht ein Projektleiter eines grösseren Projektes? Meine Erfahrung zeigt folgendes:
- 50% Führungserfahrung: Wie führe ich Projektmitarbeiter, damit die optimale Leistung erreicht wird.
- 25% Projektmanagement-Wissen und Erfahrung: Wie führe ich komplexe Arbeiten, damit bei Projektende ein Qualitätsresultat zum definierten Budget und Termin geliefert wird.
- 25% Business Wissen: Der Projektleiter braucht kein Fachexperte zu sein. Aber ohne ein Fundament an Business-Wissen wird es für ihn schwierig sein mitreden und verstehen zu können, wenn über bestimmte Sachverhalt diskutiert wird.
Controlling
Projektcontrolling befasst sich mit Planen, Überwachen und Steuern. Wenn diese Aktivitäten nicht immer wieder durchgeführt werden stellen sich schnell Probleme ein. Das fängt schon beim Projektplan an. Wenn dieser nicht der Projektgrösse entsprechend detailliert ist, dann ist sinnvolle Projektüberwachung fast nicht möglich und die Steuerung kommt zu spät und zeigt keine Wirkung. Viele Projekt scheitern weil Fehler und Abweichungen zu spät entdeckt werden und der Aufwand dann wieder auf Kurs zu kommen überproportional hoch ist. Wenn sich das Projektcontrolling nur auf die Kosten konzentriert, dann kommen Steuerungsmaßnahmen meistens zu spät. Projektcontrolling befasst sich mit: Projektfortschritt, Terminen, Qualität, Risiken und dann noch den Kosten. Die Ist-Kosten sind das Resultat der Projektdurchführung und ein Spätindikator.
Wissen
Wenn es einem Projekt am notwendigen Wissen fehlt, dann kann es nicht sinnvoll durchgeführt werden. Oft fehlt es bei Projekten, z.B. im Finanzdienstleistungssektor, an Business Ressourcen, weil die Linienmanager diese nicht gern weggeben, weil diese in der Linie benötigt werden. Diese Ressourcen verfügen über das notwendige Wissen, dass meistens nicht so schnell eingekauft werden kann. Es ist ein ständiger Kampf um die besten Ressourcen für Projekte im Unternehmen, weil es oft auch mehr Projekte gibt als Ressourcen vorhanden sind. Hier kann der Mangel bei der Projektpriorisierung, also wieder beim Management gesucht werden.
Aufgabe
Ich habe kürzlich bei einem grossen IT-Program gearbeitet, dass doppelt so lange gedauert und drei mal so viel gekostet hat, weil man, unter anderem, die Komplexität der Aufgabe stark unterschätzt hat. Wenn einem als Unternehmen die Erfahrung für ein bestimmtes Projekt fehlt oder Neuland betritt, dann ist natürlich das Risiko gross, dass ein solches Projekt scheitert. Oft wird dann versucht mit externen Beratungsunternehmen das Projekt durchzuziehen, was sehr hilfreich sein kann aber auch sehr oft zu enormen Mehrkosten und trotzdem in den Abgrund führt.
Projektexterne Ursachen
Governance
Wenn in einem Unternehmen kein Project Management Office vorhanden ist, keine Projektmanagement-Prozesse definiert sind bzw. Wert darauf gelegt wird, dass diese eingehalten werden, dann arbeitet jedes Projekt für sich, isoliert, ohne Abstimmung zu anderen Projekten. Dies macht ein übergeordnetes Projektportfolio-Controlling unmöglich.
Ohne eine Projektportfolio-Governance werden nicht strategische und nicht wichtige, sondern die Lieblingsprojekte des Managements durchgeführt und oft werden zu viele Projekte durchgeführt, was dann zu Ressourcenkonflikten und längeren Projektdauern führt.
Organisation
Als Organisation schaue ich das Unternehmen als komplexes Gebilde mit einem Eigenleben an, dass seinen Einfluss auf die Projekte ausübt. Sehr oft sind es Reorganisationen oder Machtkämpfe in der Organisation, die Projekte negativ beeinflussen. Ein Vorstand will seine Projekt durchboxen, die Anderen sind dann nicht mehr so wichtig. Der Stellenwert von Projekten in der Organisation ist oft sehr tief, was sich auch in einer mangelnden Projektkultur widerspiegelt.
Projektkultur
Jedes Unternehmen hat irgendeine Projektkultur, d.h. Normen, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen und Denkenshaltung, die Teil der Unternehmenskultur sind. Projektkultur kann auch als die Summe aller „weichen Faktoren“ definiert werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zählen zur Projektkultur die Wertschätzung der Projektarbeit innerhalb eines Unternehmens, die Kooperationsbereitschaft zwischen Personen und Abteilungen, die Kommunikationsfähigkeit und die Konfliktfähigkeit der Projektbeteiligten bis hin zum Selbstverständnis des Unternehmens als Projektträger.
Für viele Unternehmen sind Projekte etwas «nebensächliches. Was sie dabei aber vergessen, Projekte stellten sicher, dass das Unternehmen in Zukunft noch konkurrenzfähig ist. Damit ein Unternehmen längerfristig überlebt braucht es neue Produkte, schnellere zuverlässigere IT-Systeme, optimierte Prozesse und Organisationen. Diese Veränderungen werden im Unternehmen durch Projekte umgesetzt. Jedes Unternehmen hat eine Projektkultur. Wenn diese aber tief ist, dann ist die Gefahr gross, dass öfters Projekte scheitern, weil z.B. die Linienorganisation keine Ressourcen freigeben will, das Management den Projekten zuwenig Zeit widment oder Projektleiter nicht die Führungskompetenz haben, die Ihrer Verantwortung entspricht.
Die Umwelt
Projekte sind von der Umwelt nicht abgeschnitten. Oft entstehen Projekte durch einen Anstoss von Aussen, wenn neue Gesetze in Kraft treten, neue Technolgien verfügbar sind oder z.B. die Konkurrenz ein neues Produkt auf den Markt bringt. Die Umwelt kann man als Projektleiter schwer beeinflussen, hat aber oft einen grossen Einfluss auf das Projekt selber. Wenn hier nicht die Umwelt-Risiken gemananget werden, dann sieht die Zukunft für solche Projekte nicht rosig aus.
So machen Sie Ihre Projekte erfolgreicher
Ich kann Ihnen kein Patentrezept geben, wie Sie Ihre Projekte erfolgreicher machen. Massgeblich zum Projekterfolg trägt das Management bei, wenn es seine Rolle in Projekten wahrnimmt, die Wichtigkeit von Projekten richtig einschätzt und diese wertschätzt.
Von den in diesem Artikel beschriebenen Punkte können Sie als Projektleiter aber einige sehr gut beeinflussen, auf Management oder Projektleiterebene. Einige Umstände von ausserhalb des Projektes oder des Unternehmens können Sie jedoch nicht beeinflussen. Hier ist aktives Risikomanagement gefragt, damit Sie auf unerwartete Umstände oder Probleme frühzeitig reagieren können.
Alle beschriebenen Probleme sind auch ein Teil einer ungenügenden Projektkultur im Unternehmen. Eine gute Projektkultur hilft in der schnelllebigen Zeit sich als Unternehmen schneller sich neuen Umständen anzupassen uns so konkurrentfähig zu bleiben
Es gilt die Hausaufgaben zu machen, beim Unternehmensmanagement aber auch als Projektleiter. Es ist einfach einen Sündenbock zu finden. Nur sucht man diesen meistens nicht bei sich selber.
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