Projektcontroller sind in der Projektorganisation größerer Unternehmen fest etabliert. Ich habe schon in verschiedenen Unternehmen und Brachen gearbeitet und festgestellt, dass die Funktion des Projektcontrollers und das Projektcontrolling immer wieder etwas anders interpretiert wird. In diesem Artikel zeige ich Ihnen die verschieden Ausprägungen von Projektcontrollern und ihre Aufgaben bei Projekten. Sie meinen es gibt „den“ Projektcontroller? Lesen Sie weiter und erfahren Sie wie vielfältig diese Rolle interpretiert wird oder sein kann.
Was ist Projektcontrolling?
Bevor wir auf den Projektcontroller eingehen zeige ich Ihnen als Gedankenstütze, was man unter Projektcontrolling versteht. Das Projektcontrolling hat das Ziel auf Basis der Projektplanung das Projekt systematisch zu überwachen, um möglichst frühzeitig Abweichungen von den geplanten Werten festzustellen. Die Abweichungen sollen dann mit wirkungsvollen Maßnahmen eliminiert werden, damit das Projekt möglichst wieder auf den geplanten Kurs kommt.
Projektcontrolling umfasst also: Planen, Überwachen und Steuern. Die grundsätzlichen Aufgaben eines Projektcontroller sind deshalb:
- Mithilfe bei der Projektplanung
- Auswerten und überwachen verschiedener Projektkennzahlen
- Rapportieren und Vorschlagen von Steuerungsmaßnahmen
Oft wird nur Punkt 2 als Aufgabe des Projektcontrollers angesehen – und bei den Projektkennzahlen, die er überwacht, handelt es sich fast immer nur um Finanzkennzahlen. Projektcontroller werden deshalb meisten folgendermaßen definiert: „Der Projektcontroller ist – in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Projektmanager – verantwortlich für die kaufmännische Koordination von Projekten. Ich sehe das etwas anders. Mehr dazu erfahren Sie, wenn Sie weiterlesen.
Was gibt es im Projekt zu controllen?
In Projekten gibt es verschiedene Parameter, die den Projekterfolg beeinflussen.
Die Projektabwicklungs-Kennzahlen (Projektablauf):
- Termine
- Kosten
- Fortschrittsgrad
- Ressourcen
- Risiken/Issues
Die System-Kennzahlen (der Projektgegenstand)
- Projektumfang/Scope
- Qualität, technischer Erfüllungsgrad
- Projektwirtschaftlichkeit/Nutzen/Produktkosten
Diese Parameter sollte ein Projektcontroller überwachen, damit man bei Abweichungen von den Plandaten schnell eingreifen kann. Das sieht nach viel Arbeit aus!
Projektcontrolling aus verschiedenen Perspektiven
Projektcontrolling wird bei Projekten oft in verschiedenen Zusammenhängen genannt. Aber wer macht es überhaupt und wer ist dafür verantwortlich? Macht es der Projektleiter oder der Projektcontroller aus der Finanzabteilung? Was aber bedenklich ist: Nicht selten findet man niemanden, der sich um das Projektcontrolling kümmert – oder der Projektleiter behauptet er mache es intuitiv!
Den eigentlichen Projektcontroller gibt es nicht!
Das Projektcontrolling und Projektcontroller finden Sie je nach Unternehmen in verschiedenen Ausprägungen. Das ist abhängig von der Organisation des Unternehmens, der Projektgröße und wie sich das Projekt selbst organisiert. Ich habe in meiner Berufspraxis vier verschiedene Arten von Projektcontrollern identifiziert und habe in den meisten Rollen auch selbst gearbeitet:
1. Der Projektleiter als Projektcontroller
2. Das Projektteammitglied (Spezialist) als Projektcontroller
3. Der Projektportfolio-Manager als Projektcontroller
4. Der Projektcontroller aus der Finanzabteilung
Dies sind die geläufigsten Positionen von Projektcontrollern und jede legt den Fokus ihrer Tätigkeit ein wenig anders. Die Methode des Controllings ist zwar ähnlich, die Projektkennzahlen, die er überwacht sind jedoch oft nicht die gleichen. Dies ist unter anderem auch abhängig von der Branche, und ob es sich um interne oder externe Projekte handelt.
Was meinen Sie, welcher Projektcontroller hat den größten Einfluss auf den Projekterfolg? Ich behaupte es ist der, der am nächsten am Projektgeschehen ist: Es ist der Projektleiter! Und welcher Projektcontroller hat am wenigsten Einfluss, ob das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird oder nicht? Es ist aus meiner Sicht der Projektcontroller aus der Finanzabteilung. Sind Sie über meine Aussage überrascht? Wenn ja, dann lesen Sie in dem folgenden Abschnitten wie ich zu dieser, für gewisse Personengruppen, vielleicht eher provokativen Aussage komme.
Der Projektleiter als Projektcontroller
Wer ist verantwortlich für die Projektresultate und den Projekterfolg? Es ist der Projektleiter! Dann ist es für Sie sicher auch klar, wer das größte Interesse am Projektcontrolling haben sollte. Ja, es ist der Projektleiter. Entweder führt er das Projektcontrolling selber aus oder er delegiert den größten Teil des Projektcontrollings, besonders bei größeren Projekten, an eine Person seines Vertrauens. So müsste es eigentlich sein.
Der Projektleiter hat eindeutig den größten Einfluss auf das Projektgeschehen. Die meiste Arbeit im Projekt wird jedoch nicht durch ihn, sondern durch seine Projektmitarbeiter ausgeführt. Er hat sich, abhängig von der Projektgröße, auf die wesentlichen Führungsaufgaben im Projekt zu konzentrieren – und eine davon ist das Projektcontrolling: Planen, überwachen und steuern.
Die folgende Abbildung zeigt die sinnvolle Aufgabenverteilung des Projektleiters eines größeren Projektes. Hier sehen Sie, dass Planung, Überwachung und Steuerung ungefähr 60% seiner täglichen Arbeitszeit ausmachen. Bei kleineren Projekten wird es etwas weniger sein. Das heißt, der Projektleiter beschäftigt sich die meiste Zeit mit eigentlichen Projektcontrolling-Aktivitäten. Hat Sie das überrascht? Weitere wichtige Aufgaben sind die Projektteamführung, das Stakeholdermanagement, das Projektmarketing und der Kontakt zum Kunden/Auftraggeber. Die Lösungssuche, Administration und operative Projektumsetzung sollten nur einen geringen Teil der Arbeit des Projektleiters ausmachen.
Sie meinen diese Zeitaufteilung ist Utopie? Sie haben vermutlich Recht. Sie entspricht dem Idealfall. In der Praxis sieht es häufig anders aus. Der Projektleiter beschäftigt sich leider zu oft als Fachspezialist mit Tätigkeiten der Projektumsetzung und Lösungsfindung. Dabei bleibt dann für die wichtigen Managementtätigkeiten oft nur noch ein kleiner Bruchteil der Arbeitszeit übrig.
Der Projektcontroller im Projektteam
Der Projektcontroller im Projektteam oder Project Office des Projektes unterstützt den Projektleiter bei vielen Projektcontrolling-Aktivitäten. So kann sich der Projektleiter bei großen Projekten noch besser auf die weiteren Projektführungs-Aktivitäten und das wichtige Stakeholdermanagement konzentrieren. Der Projektcontroller ist eine Fachkraft mit gutem Projektmanagementwissen sowie guten Kenntnissen über die Finanzprozesse des Unternehmens. Im Idealfall hat er auch schon ein größeres Projekt geleitet. Er ist dann eine wesentliche Entlastung für den Projektleiter und wird damit zu seinem „guten Gewissen“.
Bei großen Projekten kann der Projektleiter aus Zeitmangel die meisten operativen Aufgaben des Projektcontrollings nicht mehr selbst ausführen. Er wird nur noch die wichtigsten Projektcontrolling-Aktivitäten auf einer hohen Ebene selber ausführen und alle anderen Projektcontrolling-Aktivitäten seinem Projektcontroller überlassen. In dieser Konstellation ist es selbstverständlich, dass der Projektcontroller und der Projektleiter in engem Kontakt stehen und aktuelle Informationen und Abweichungen periodisch bewerten und entsprechende Maßnahmen definieren. Man könnte sagen, der Projektleiter sorgt für das Ergebnis – der Projektcontroller sorgt für Ergebnistransparenz.
Bei großen Projekten trifft man oft ein Project Office an, das als Unterstützung für die umfassenden Aufgaben der Projektleitung dient. Dort untergebracht sind dann z.B. der Projektcontroller, der Risikomanager, der Qualitätsmanager und das Projektsekretariat.
Das sind die wesentlichen Aufgaben des Projektcontrollers im Projektteam:
- Den Projektleiter und die Teilprojektleiter bei der Planung des Projektes unterstützen und dafür sorgen, dass das Projekt sinnvoll überwachbar ist
- Das Projekt kontinuierlich auf Plan-Abweichungen überwachen
- Mit dem Projektleiter periodisch den Status von Kosten, Terminen, Fortschritt, Qualität und Risiken besprechen
- Mit dem Projektleiter/Projektteam zusammen wirkungsvolle Steuerungs-Maßnahmen definieren, sobald Abweichungen von den geplanten Werten entdeckt werden
- Die Wirksamkeit der definierten Maßnahmen überwachen und eventuelle Korrekturen vorschlagen
- Den Projektleiter beim Statusreporting an das Projektportfolio-Management unterstützen
- Managen des Aufwandreportings der Projektmitarbeiter
- Führen einer eventuellen Schattenbuchhaltung
- Unterstützung bei der Kalkulationserstellung von Angeboten und Aufträgen inklusive Prüfung bzw. Bewertung der kaufmännischen Konditionen
- Überwachen der Projektwirtschaftlichkeit (Target Cost, NPV)
- Erarbeitung von Vorgehensweisen und Hilfsmitteln zur Kosten- und Terminerfassung und deren Auswertung
- Er ist Schnittstelle des Projektes zur Finanzabteilung
Wenn der Projektleiter und der Projektcontroller ein gutes Team sind, ist schon ein wesentlicher Schritt zum Projekterfolg getan. Projektcontrolling ist Führungsarbeit! Die Verantwortung für das Projektcontrolling bleibt immer beim Projektleiter – er wird aber einen großen Teil davon an seinen Projektcontroller abgeben.
Der Projektcontroller aus der Finanzabteilung
Projektcontroller gibt es oft auch in den Finanzabteilungen, denn Projekte haben Budgets und geben viel Geld aus! Darum müssen ja auch Projekte „controlled“ werden. Auch ich habe schon als Projektcontroller in der Finanzabteilung gearbeitet und meine eher gemischten Erfahrungen damit gemacht. Was interessiert die Finanzabteilung? Primär Geld, Geld und nochmals Geld. Sekundär noch gewisse Termine, denn Budgets werden ja terminiert. Wenn ein Unternehmen schon etwas weiter ist, dann ist der finanzielle Nutzen des Projektes in der Finanzabteilung auch noch ein Thema. Und wenn ein Unternehmen schon sehr weit ist, dann führt es eine seriöse Nutzenüberwachung durch.
Der Projektcontroller aus der Finanzabteilung liefert dem Projektleiter monatlich Finanzzahlen und unterstützt Ihn vielleicht beim Erstellen des Budgets und des finanziellen Business Cases oder dem Forecast für das laufende Finanzjahr.
Ich hatte als Projektcontroller die Aufgabe Plan/Soll/Ist-Vergleiche zu erstellen, Deckungsbeiträge von Projekten zu berechnen und Budgetanalysen zu erstellen. Man hatte dann zwar große Zahlenberge durchwühlt; ich war aber nie überzeugt, dass mit diesen Zahlen ein großer Nutzen für das Unternehmen, geschweige denn für die Projekte, generiert werden konnte.
Finanzzahlen sind aber nicht unwichtig – ganz im Gegenteil. Finanzzahlen sind ein wichtiges Puzzleteil für ein effektives Projektcontrolling – aber nur eines! Erst wenn Sie Finanzahlen geschickt mit Terminen, Projektfortschritt, Qualität und Risiken verarbeiten, können Sie ein wirkungsvolles Projektcontrolling betreiben. Denken Sie immer daran: Die Finanzzahlen in Ihrem SAP-System (IST-Kosten) sind das Resultat der Projekttätigkeit und oft mehr als einen Monat alt. Mit solchen alten Zahlen ist es schwierig ein wirkungsvolles Projektcontrolling zu betreiben. Ein wirkungsvolles Projektcontrolling muss früher ansetzen, und zwar bei der Überwachung des Projektfortschritts, Terminen, Projektumfang, Qualität und Risiken!
Der Projektportfolio-Manager als Projektcontroller
Das Projektportfolio-Management befasst sich mit dem Managen einer größeren Anzahl von Projekten in einer Organisation. Dazu gehören als Haupttätigkeit das Planen, Überwachen und Steuern der anstehenden und laufenden Projekte im Projektportfolio.
Die zwei Hauptziele des Projektportfolio-Managements sind:
- Planen, dass die „richtigen“ Projekte, zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden
- Überwachen und steuern, dass die Projekte „richtig gemacht“ werden
Die „richtigen“ Projekte machen heißt: Die Unternehmensleitung bei der Portfolioplanung unterstützen, dass die richtigen Projekte, zum richtigen Zeitpunkt, im richtigen Umfeld ausgeführt werden. Bei der Projektpriorisierung hat der Strategiebezug, der Return on Invest und der Risikograd der Projekte eine große Bedeutung.
Die Projekte „richtig machen“ bedeutet für das Projektportfolio-Management das Controlling über alle Projekte bzw. den externen Projektcontrolling-Regelkreis sicherstellen. Diese operative Aufgabe des Projektportfolio-Managements umfasst die Überwachung der laufenden Projekte, die Beurteilung der „Gesundheit“ der Projekte und die monatliche Berichterstattung des Portfolios an die Geschäftsleitung. Dabei spielen Kosten, Termine, Risiken und Ressourcen eine zentrale Rolle.
Welche Fähigkeiten sollte ein Projektcontroller haben?
Welchen Projektcontroller würden Sie als Projektleiter für Ihr Projekt wählen: einen mit einer Controllerausbildung oder einen mit einer guten Projektmanagement-Ausbildung, der schon einmal ein größeres Projekt geleitet hat? Ich würde den zweiten nehmen. Denn nur er weiß was so alles im Projektablauf passieren kann. Er hat die besten Voraussetzungen Probleme bei der Projektdurchführung früh aufzudecken. Außer sehr gutem Projektmanagement-Wissen sollte ein Projektcontroller in folgenden Bereichen gut sein:
- Analytisches Denken
- Kostenmanagement und Wirtschaftlichkeitsrechnung
- Projektplanung
- Risikomanagement
- Projektumfangmanagement
- Projektüberwachung (ev. auch Earned Value Management)
- Umgang mit Projektmanagement-, Finanzsoftware und Excel
Ein Projektcontroller, der sich nur mit Finanzahlen beschäftigt hat keinen grossen Einfluss auf den Projekterfolg. Ein Projektcontroller sollte umfassende Projektmanagement-Erfahrung haben, möglichst nahe am Projekt sein, und an Projekt-Statussitzungen teilnehmen. Die Kennzahlen, die er überwacht, sind nicht nur Kosten und Termin, sondern umfassend – mit dem Fokus auf vorlaufende Kennzahlen , wie z.B. Ressourcenverfügbarkeit und nicht in erster Linie auf nachlaufende Kennzahlen wie z.B. die aktuellen Kosten.
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