Kennen Sie das Minimum Viable Product (MVP) in agilen Projekten wirklich?

Neue, innovative Produkte entwickeln ist riskant und solche Projekte scheitern oft. Hier hat sich die Methode mit dem Minimum Viable Product (MVP), besonders in der agilen Softwareentwicklung, erfolgreich etabliert. Wissen Sie was ein MVP ist, warum und wie es entsteht und richtig angewendet wird? Wenn nicht, dann ist dieser Artikel genau richtig für Sie. Lesen Sie weiter und vertiefen Sie Ihr Wissen!

Produkteentwicklung ist riskant

Die Entwicklung innovativer Lösungen ist von Natur aus ein riskanter und unsicherer Prozess. Diese Unsicherheit führt dazu, dass Unternehmen oft vermeiden Risiken einzugehen – und wenn sie dies doch tun, dann investieren sie nicht selten zu viel Zeit und Geld und bauen nicht markgerechte Produkte auf Basis mangelhafter Daten oder ungültigen Annahmen. In diesem Kontext hat sich speziell in der agilen Softwareentwicklung – aber nicht nur dort – das Minimum Viable Product (MVP) bewährt.

Was ist ein Minimum Viable Product?

Der Begriff wurde 2001 von Frank Robinson definiert und dann von Eric Ries durch sein Buch The Lean Startup populär gemacht.

Hier ist die ursprüngliche Definition von Eric Ries:

“A Minimum Viable Product (MVP) is a version of a new product which allows a team to collect the maximum amount of validated learning about customers with the least effort.”

Das heisst ein Minimum Viable Product ist die erste Version eines Produktes, die genügend Merkmale von ausreichender Qualität enthält, um eine erste Gruppe von Kunden anzusprechen und, was entscheidend ist, wertvolle Rückmeldungen und Informationen darüber liefert, wie Kunden dieses Produkt nutzen und schätzen.

Wie es die Definition von Ries deutlich macht, handelt es sich beim MVP nicht um ein Produkt mit der geringstmöglichen Funktionalität, für das eine Markteinführung vorgesehen ist. Vielmehr ist das MVP ein Schlüsselelement, wenn es drum geht mit wissenschaftlichen Methoden neue Produkte herzustellen und zu testen. Er ist ein Mechanismus für validiertes Lernen, der dazu dient, Hypothesen zu testen und herauszufinden, was den Bedürfnissen der Kunden entspricht.

Ist die Geschäftsidee realisierbar und profitabel?

Produkte auf dem traditionellen Weg entwickeln ist teuer und risikoreich und scheitert oft, z.B. aufgrund falscher Annahmen. Erkenntnisse aus einem MVP gewinnen ist oft kostengünstiger als ein Produkt mit mehr Funktionen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Ein MVP ein ausgezeichnetes Hilfsmittel Geschäfts­hypothesen zu validieren. Es wird eingesetzt damit man weiss, ob eine bestimmte Geschäftsidee tatsächlich realisierbar und rentabel wäre, indem die Annahmen, die hinter einer Produkt- oder einer Geschäftsidee stehen, getestet werden. Das MVP wird verwendet einen Marktbedarf für ein Produkt zu validieren aber oft auch für die inkrementelle Entwicklungen eines bestehenden Produkts.

Jede Innovation beginnt als eine Hypothese – einer Reihe von Annahmen und Überzeugungen darüber, wie ein neues oder verbessertes Produkt die Kunden begeistern und dem Unternehmen helfen wird, seine Geschäftsziele zu erreichen. Hypothesen sind jedoch nur Vermutungen, bis sie durch validiertes Feedback von echten Kunden gestützt werden. Wie Eric Ries in seinem Buch The Startup Way propagiert, ist der schnellste Weg, eine Produkt­entwicklungs­hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen, das Experimentieren, indem man ein Minimal Viable Product (MVP) erstellt.

Jede Innovation beginnt als eine Hypothese, die bestätigt oder widerlegt werden muss.”

Ein MVP ist die einfachste Möglichkeit, die vorgeschlagene Innovation zu testen, und festzustellen, ob sie zu den gewünschten Ergebnissen führt. MVPs müssen getestet werden. Es ist das Ziel schnelles Feedback zu erhalten, idealerweise durch Kunden im Zielmarkt oder durch die vorgesehenen, zukünftigen Benutzer des Systems. Wenn die Rückmeldung positiv ist wird das Produkt auf den Markt gebracht. Ist die Rückmeldung negativ, ist eine Richtungsänderung (Pivot) erforderlich. Dies könnten eine Reihe von Änderungen am Produkt, gefolgt von zusätzlichen Experimenten für neues Feedback sein, oder es könnte sich eine Richtungsänderung ergeben zu einem völlig anderen Produkt oder einer anderen Strategie.

Die folgende Abbildung zeigt den Lean Startup Cycle, wie dieser in SAFe verwendet wird.

Der Lean Startup Cycle angewendet in SAFe

Der Feedback Loop: Build – Measure – Learn

Ein Schlüsselelement der Lean Methode wird im Konzept des Minimum Viable Products angewendet: Der Build, Measure, Learn Cycle. Dies ist eine Methode, um Feedback zu sammeln, dieses zu analysieren und dann daraus zu lernen. Hier die Bedeutung der einzelnen Elemente:

Build: Erstellen Sie ein “Minimum Viable Product” basierend auf Ihrer Produktidee oder auf den Erkenntnissen aus einem früheren Zyklus. Produzieren Sie, ohne viel Energie zu investieren, eine Darstellung Ihrer Lösung, die ausreicht, um Ihre Hypothese mit realen Kunden zu validieren.

Measure: Wenn Sie das MVP mit Kunden testen dann praktizieren Sie “validiertes Lernen”. Hier müssen Sie quantifizieren, was an dem Produkt gut oder schlecht ist, und ob die Kunden es wirklich nutzen, was sie zahlen würden, wie viele Downloads und Installationen Sie sehen und jede andere Messgröße, die Ihnen echte Daten liefert, auf die Sie reagieren können.

Learn: Basierend auf dem Erfolg Ihres MVP und den Informationen, die Sie aus dem “validiertes Lernen” gewonnen haben, werden Sie entweder die Entwicklungsrichtung ändern (Pivot) oder die Idee weiterverfolgen (Persevere). Sie werden die Idee weiterverfolgen, wenn Ihren Kunden gefällt, wo Sie hinwollen, und Sie müssen dann nur anpassen und verbessern. Wenn Sie jedoch weit vom Ziel entfernt sind und Anpassungen keine wirklichen Auswirkungen haben werden, müssen Sie die Richtung ändern und vielleicht Ihrer Strategie stark verändern.

the core purpose of a Minimum Viable Product is to gather data.”

Die folgende Abbildung zeigt den Zyklus des validierten Lernens von Eric Ries.

Build – Measure – Learn Feedback Schleife vom Lean Startup

Das Innovation Accounting Framework

Eric Ries prägte in seinem Buch The Lean Startup auch den Begriff Innovation Accounting. Dieses Framework besteht aus drei lernenden Meilensteinen, welche die Feedback-Schleife “Build – Measure – Learn” veranschaulichen:

  1. Minimum Viable Product (MVP): Eine Grundlage schaffen, um Annahmen zu testen und objektive Daten zu sammeln.
  2. Tune the Engine: Sich auf der Grundlage der gesammelten Daten schnell anpassen und sich auf das Ziel zubewegen.
  3. Pivot or Persevere: Sich auf der Grundlage des validierten Lernens entscheiden, ob entweder die Entwicklungsrichtung geändert wird (Pivot) oder die Idee weiterverfolgt und zusätzlicher Value geliefert werden soll (Persevere).

Lean Thinking definiert Wert (Value) als Kundennutzen; alles andere ist Verschwendung. Deshalb ist eine schnelle Feedback-Schleife unerlässlich, um das Lernen zu validieren und Verschwendung zu reduzieren. Aus Kunden­feedback gewonnenen Erkenntnisse anwenden führt zu erhöhter Vorhersehbarkeit, weniger Verschwendung und verbessertem Shareholder Value.

Was ist Minimum und was ist Viable?

Gemäss oben beschrieber Definition von Ries ist ein MVP die erste Version eines Produktes, die Lösung eines Problems. Es ist eine Version, die genügend Funktionen von ausreichender Qualität enthält, um eine erste Gruppe von Kunden anzusprechen und, was entscheidend ist, um wertvolles Feedback und Informationen darüber zu sammeln, wie Kunden dieses Produkt nutzen und schätzen.

Der Hauptzweck eines Minimum Viable Products ist das Sammeln von Daten.

Was ist nun aber Minimum und was ist Viable?

Minimum bedeutet: Ein Minimum Viable Product bedeutet nicht, dass es halb fertig ist oder dass es das absolute Minimum an Funktionalität bietet. Es bedeutet eine kleine Anzahl von Dingen auf einem hohen Standard zu produzieren und dies mit wenig Aufwand.

Viable bedeutet: Etwas, das fähig ist, das zu tun, was es tun soll. Das heisst, es sollte für den Zweck geeignet sein.

Machen Sie es richtig: Minimum und Viable

Ein brauchbares Produkt mit minimalen Eigenschaften und geringem Aufwand erstellt, bietet die Möglichkeit, Annahmen und Ideen, Chancen und Risiken schnellstmöglich zu hinterfragen und zu beurteilen. Sie benötigen lediglich das Feedback der Anwender. Wenn Sie dann das Produkt auf dem Markt bringen wollen, sind oft noch Anpassungen notwendig, um dieses marktgerecht zu machen. Hier kommt dann das Minimum Marketable Product zum Einsatz

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