Viele Projekte scheitern, entweder weil sie zu viel Kosten, dem Kunden nicht den gewünschten Nutzen liefern oder weil sie viel länger dauern als geplant. Das haben Sie sicher schon öfters gehört!
Ich arbeitete kürzlich in einem großen IT-Program, dass bei Projektende mehr als doppelt soviel gekostet und doppelt so lange gedauert hat wird wie geplant. Dieses große Program wird keine Ausnahme sein – Sie werden sicher auch Projekte kennen, die so endeten.
Es gibt natürlich viele Ursachen für das Scheitern von Projekten. Heute will ich Ihnen das 90%-Syndrom näherbringen, dass einen direkten Einfluss auf die Projektdauer hat und meistens dann auch auf die Projektkosten.
Wir sind meistens viel zu optimistisch
Beim Schätzen des Projektfortschrittes oder des Restaufwandes sind die meisten Projektleiter und Projektmitarbeiter Optimisten. Da bin ich sicher keine Ausnahme. Zwischen 50% und 70% der Projektlaufzeit oder der Arbeitspaketdauer glaubt man oft bereits 90% des Projektergebnisses erarbeitet zu haben. Das ist aber meistens eine Illusion, denn die restlichen 10% Aufwand nehmen oft nochmals bis zu 90 % der geplanten Zeit in Anspruch. Das heißt, dass Arbeitspaket dauert dann bis zu 180% der geplanten Zeit. Tom Cargill von den Bell Labs hat dies 1985 für die Softwareentwicklung mit der „ninety-ninety rule“ folgendermaßen ausgedrückt.
“The first 90 percent of the code accounts for the first 90 percent of the development time. The remaining 10 percent of the code accounts for the other 90 percent of the development time”.
Hervorgerufen wird dieser Effekt, typischerweise bei Entwicklungsprojekten, durch die erworbene Kenntnis des Lösungsweges und der Unkenntnis der noch auftretenden Störungen und Probleme. Tatsächlich erfordert die Umsetzung einer erkannten Lösung erhebliche Aufwände, sodass die subjektive Aufwandeinschätzung der Projektmitarbeiter hinterfragt und gegebenenfalls deutlich erhöht werden muss.
So vermeiden Sie das 90% Syndrom
Um das 90%-Syndrom zu vermeiden bzw. Kosten und Terminüberschreitung frühzeitig zu erkennen sind folgende Maßnahmen bei der Planung und Überwachung sinnvoll:
Planung: Planen Sie nicht zu lange dauernde Arbeitspakete. Tipps dazu finden Sie in meinem Beitrag Die richtige Arbeitspaketgröße und -dauer. Wenn Sie Software entwickeln, dann versuchen Sie große User Stories weiter aufzusplitten.
Überwachung: Verwenden Sie objektive Methoden zur Fortschrittsmessung. Im einfachsten Fall ist dies die 0/100 EV-Methode des Earned Value Managements, die das Arbeitsergebnis erst nach erfolgter Abnahme gelten lässt. Für länger dauernde Arbeitspakete sollten Sie Meilensteine mit Zwischenresultaten und mit dem entsprechenden Planned Value definieren. So können Sie dann z.B. die „Gewichtete Meilenstein EV-Methode“ anwenden. Mit diesem Vorgehen haben es Ihre Projektmitarbeiter leichter den Fortschrittsgrad zu bestimmen, und die Subjektivität wird so aus den Schätzungen entfernt.
Ich hoffe dieser Beitrag hat Ihnen ein Hinweis für die nächste Projektplanung oder das nächste Projektstatus-Meeting gegeben.
Verwandt mit dem 90% Syndrom ist das Parkinson Law. Lesen Sie hier mehr darüber:
Parkinson’s Law: Das Geheimnis des effizienten Projektmanagements
Kennen Sie ein weiteres “Gesetz des Projektmanagements? Ich freue mich auf Ihren Kommentar zu diesem Beitrag
Wenn Sie mehr über diese Projektcontrolling-Methoden wissen wollen, dann schauen Sie doch einmal in eines meiner Projektcontrolling-Bücher.